Curso de alemán nivel medio con audio/Lección 123c

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Geschichte der Mathematik (Teil 23)


7[editar]

Siebentes Kapitel
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LEONARDO VON PISA
Mathematik als Anbruch
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Zwischen weltbewegenden Plänen, zwischen Schlachten und Kreuzzügen, zwischen Bann und Achtung hält der tragischeste aller Staufenkaiser, Friedrich II., Hof zu Palermo. Es geht festlich zu, es wird getuschelt, geraunt, als ob ein großes Ereignis bevorstände. Ist es ein großes Ereignis? Man weiß es nicht. Weiß nur, daß der Kaiser es dafür hält. Denn der Wettkampf, der sich abspielen soll, ist nicht etwa ein Sängerkrieg, ist keine ritterliche Übung, kein Erzählen von Heldensagen oder Heldentaten, sondern der Kampf geht - bis zur Auflösung kubischer Gleichungen. Magister Johannes von Palermo wird einem vornehmen Fremden die Aufgaben stellen und der Fremde wird sie wahrscheinlich bis zum Grunde durchleuchten. Denn der Fremde heißt Leonardo von Pisa und ist der größte Algorithmiker der bekannten Welt. Obgleich sein Hauptwerk die Flagge des Feindes führt: denn es hat den Titel „Buch des Abacus“ (liber abaci).
Kein Zweifel, wir leben auch auf sizilianischem Boden noch im Märchen. Diese Kaiserlaune führt zurück zu den Hofgesprächen der Tyrannen von Syrakus, zurück zu den Ptolemäern, erinnert an den indischen König, der dem Erfinder des Schachspieles die berühmte Aufgabe mit den Weizenkörnern stellte, gemahnt an die Sitten am Hof der großen Abassiden Almansur, Harun al Raschid und Almamun. Wir ahnen also, woher Friedrich II. die Anregung für seine etwas außergewöhnliche Handlungsweise empfing. Wer aber ist Leonardo von Pisa? Was ist inzwischen auf abendländischem Boden für die Mathematik geschehen? Denn daß viele Jahrhunderte so ganz ohne Mathematik ausgekommen sein sollten, ist zumindest unwahrscheinlich.
Bevor wir uns also dem Inhalt des Wettkampfes von Palermo zuwenden, obliegt es uns, die äußerlichen Stationen des Weges zu verfolgen, der zum Wiedererwachen der eigentlichen Mathematik führte. Wir haben schon manches angedeutet. Wir wollen es jetzt näher ausführen, obgleich wir damit irgendwie unsere Aufgabe überschreiten. Denn es handelt sich dabei gleichsam um das Gegenteil einer Epoche, handelt sich um den tiefsten Niedergang, den die Mathematik seit Pythagoras erlebte.
Daß die alten Römer als Mathematiker selbständig so gut wie nichts leisteten, haben wir dadurch gekennzeichnet, daß wir sie mit vollständigem Stillschweigen übergingen. Es waren aber gerade die Römer, deren machtpolitisches Erbe die europäischen Völker antraten. Und sie hinterließen, wie Zeuthen bemerkt, ihren Erben weniger als die alten Ägypter den Hellenen. Eine Mathematik des Boëtius, eines christlichen vornehmen Römers, der 480~524 nach Christi Geburt lebte und aus politischen Gründen durch König Theoderich hingerichtet wurde, war das Um und Auf des frühen Mittelalters. Sie ist eine Bearbeitung des Nikomachos (zweites nachchristliches Jahrhundert) und konnte die Mathematik durchaus nicht fördern, insbesondere, da man sehr vieles überdies vollkommen mißverstand. So etwa hielt man die figurierten Zahlen (Dreiecks-, Pyramidenzahlen usw.), die im Grunde nichts als Folgen oder Reihen waren, für Flächen- und Rauminhalte der betreffenden Figuren und Körper. Was man über Boëtius hinaus empfangen hatte, waren praktische Rechenbehelfe römischer Agrimensoren (Feldmesser), die zudem noch zum Teil falsch abgeschrieben waren und eine Befruchtung der Wissenschaft durchaus nicht ermöglichten. Das große Erbe des alten Griechentums aber lag an zwei politisch und räumlich voneinander getrennten Stellen, die es in sehr verschiedener Weise verwalteten: in Byzanz und in Bagdad.
Während die Byzantiner fast alle mathematischen Bücher der alten Griechen besaßen und aufbewahrten, fiel es ihnen nur sehr bedingt ein, diese Werke wirklich zu studieren, geschweige denn, auf ihnen weiterzubauen. Sie ließen die Schätze liegen, das Verständnis für Mathematik nahm von Jahrhundert zu Jahrhundert mehr ab und ihre Mathematiker verloren sich in Spielereien, wenn sie nicht sogar unbegreiflichen Rückschritt predigten; wie etwa die Behauptung, daß die Kreiszahl az unterhalb von 3 liege.
Ganz anders die Araber. Wir wissen von ihnen bereits, daß sie mit dem Hunger eines jungen Volkes das griechische Wissen suchten, es in mancher Art erleichterten und mit indischer Weisheit verbanden. Epochale Fortschritte machten arabische Gelehrte späterer Zeit. So erweiterte im zehnten nachchristlichen Jahrhundert der Arithmetiker Alkarchi die diophantische Notation und wagte den umstürzlerischen Schritt, auch irrationale Größen als Zahlen aufzufassen. In derselben, wir möchten fast sagen, modernen Linie bewegt sich im zwölften Jahrhundert Alchaijami weiter. Ihm wird zum ersten Male die Trennung der arithmetischen und der geometrischen Auffassung von Gleichungen ganz klar bewußt. Er durchschaut es auch, daß aus Dimensionsgründen die direkte geometrische Darstellung des Irrationalen bis zur dritten Potenz möglich ist, während höhere Irrationalitäten nur durch zusammengesetzte Verhältnisse ausdrückbar sind. Im gleichen Jahrhundert aber wirkt in „Westarabien“, d. h. auf spanischem Boden, in Sevilla der große Dschabir ibn Aflah, genannt Geber, der die sphärische Trigonometrie mächtig fördert und hierbei einen kongenialen Geist in Abul Wafa findet, der in seinen trigonometrischen Tafeln (Tangententafeln) weit über Ptolemäus hinausgeht, indem er wirkliche Winkelfunktionen von 10 zu 10 Minuten mit einem Fehler von weniger als ; schafft. Bei dieser Sachlage war es nur eine Frage des Interesses und nicht der Möglichkeit, die Mathematik auf abendländischem Boden wieder zum Leben zu erwecken. Denn ihre bisherigen Leistungen lagen, wie schon ausgeführt, in Byzanz gleichsam als Mumien und bei den Arabern als fortgebildete Wissenschaft bereit. Wenn aber auch der große Scotus Erigena nach einer tieferen Beschäftigung mit Mathematik rief, so tönten solche Worte gleichsam noch an die Ohren von Kindern. Und insbesondere das zauberhaft Magische, das über der Mathematik der Araber lag, mag eine nähere Erforschung der mathematischen Geheimnisse ebensosehr gefördert als auch gehemmt haben.
Schließlich gab die äußere Berührung der Völker den Ausschlag. Die Araber, Mauren, oder wie man sie immer nennen will, waren in Spanien, Sizilien und an anderen Stellen in das Abendland rein physisch eingedrungen. Ihre hohen Schulen pflegten die Mathematik in Toledo, Sevilla, Cordoba. Und zwei Gegenbewegungen des Abendlandes brachten neuerliche Berührung und Durchdringung. Nämlich der Orienthandel der drei mächtigen italienischen Republiken Venedig, Genua und Pisa und die Kreuzzüge.
An diesem historischen Schnittpunkt ereignete es sich, daß der Pisaner Leonardo, genannt Sohn des Bonacci (des „Gutchens“), oder zusammengezogen Leonardo Fibonacci, durch den Beruf des Vaters, der eine Art Konsularbeamter war, viel in der Mittelmeerwelt herumkam und schon als Jüngling ein Schüler der Araber wurde. Als er zudem noch, gleich einem Pythagoras, durch Reisen, die ihn nach Ägypten, Sizilien, Syrien, Griechenland und in die Provence führten, seinen Gesichtskreis mächtig erweitert hatte, war er befähigt, gleichsam das Sinnbild des Wiedererwachens der Mathematik in der abendländischen Kultur zu werden. Dies ganz unabhängig davon, ob er selbst schon zu epochaler Weiterbildung der Mathematik vordrang.
Bevor wir jedoch diese Frage erörtern, obliegt es uns, den Kampf der Abazisten und Algorithmiker zu erwähnen, der die Beschäftigung mit Mathematik auf unserem Kulturboden einleitete. Es handelte sich bei diesem Kampf oder Meinungsstreit um zwei Systeme des Rechnens, um das Rechnen „auf den Linien“ und „auf der Feder“, wie man später sagte. In den Extremfällen ist der Abakus, die „Linie“ oder das Rechenbrett, das sich auch bei uns noch in der „Rechenmaschine“ erhalten hat, mit der die Kinder ihren ersten Unterricht erhalten, indem sie Kügelchen auf Drähten verschieben - im Extremfall also ist der Abakus eine Tafel, auf der die Kolumnen für die Zehnerpotenzen durch Linien abgeteilt sind. Eine Null wird hierbei nicht verwendet, sondern die Kolumne leer gelassen, wenn sie, wie etwa bei 750 und 3009 an einer oder mehreren Stellen nicht besetzt ist. Gerechnet aber wird mit Marken. Ursprünglich wurden so viele Marken in die betreffende Kolumne gelegt, als der Koeffizient der Zehnerpotenz ausmachte. Also in obigen Fällen 7 für die Hunderter, 5 für die Zehner und keine für die Einer, oder bei 3009 wieder 3 für die Tausender und 9 für die Einer bei Leerbleiben der Zehner- und der Hunderterkolumne. Da diese primitivste Art des Abakusrechnens, insbesondere bei der Addition vieler Zahlen, sehr unübersichtlich wurde, begann man als Vereinfachung wertverschiedene Marken einzuführen, die mit einer der Zahlen von 1 bis 9 beschriftet waren. Dadurch näherte sich der Abakus schon ein wenig dem Algorithmus, was auf der dritten Stufe, in der man Ziffern in die Kolumnen schrieb, also die Marken ganz abschaffte, noch deutlicher wurde. Wir wollen uns aber auch hier nicht in Einzelheiten verlieren, sondern feststellen, daß beide Schulen, die Abazisten und die Algorithmiker, gute Köpfe zu ihren Vertretern zählten. Ein großer Abazist etwa war Gerbert, der spätere Papst Sylvester II.
Gesiegt haben die Algorithmiker. Der Widerstreit der beiden „Parteien“ (wie man fast sagen könnte), die jede für sich neben der Hauptdoktrin noch ein weiteres „Parteiprogramm“ hatten, das sich auf Wurzelziehen und anderes erstreckte, brachte sehr viel Rechnerisches zur Diskussion und bereitete eine formale Gelenkigkeit der abendländischen Mathematiker vor, die nicht mehr verschwand. Eine der Haltung des Griechentums ähnliche Verachtung des Arithmetischen gab es im Mittelalter von vornherein nicht, da gleich zu Anbeginn des Forschens nach spätarabischem Muster Arithmetik und Geometrie gleichberechtigt auftraten. Diese Behauptung wird dadurch nicht widerlegt, daß der Arithmetik sogar eine gewisse logische Priorität zuerkannt wurde.
Wir warfen nun oben die Frage auf, ob Leonardo von Pisa den großen bahnbrechenden Mathematikern zuzuzählen ist. Hat er neue Kategorien des mathematischen Denkens und Forschens entdeckt? Diese Frage müssen wir verneinen. Er war aber gleichwohl persönlich ein außerordentlich begabter, vielleicht sogar ein großer Mathematiker, in dessen Werk an einzelnen Stellen neue Erkenntnis aufblitzt, so etwa, wenn er die negative Lösung einer Gleichung als Lösung gelten läßt und dazu bemerkt, die Lösung wäre als „Vermögen“ betrachtet sinnlos, als Ausdruck von „Schulden“ hätte sie jedoch einen guten Sinn.
Wir sind auch erstaunt, zu hören, daß bei jenem „Wettkampf“ in Palermo der Magister Johannes ihm die kubische Gleichung
vorgelegt haben soll, deren Lösung Leonardo näherungsweise als
angibt, allerdings ohne zu verraten, wie er zu diesem Werte kam.
Dabei bedeuten
die Eins als Ganze,
den Bruch ,
den Bruch usf. in Sexagesimalbrüchen.
Die neuesten und genauesten Nachprüfungen dieser Lösung haben ergeben, daß der Näherungswert des Leonardo nur um größer ist als der nach heutigen Methoden gewonnene. Daß Leonardo weiters gelegentlich der Behandlung seiner „Kaninchenaufgabe“ die erste rekurrente Reihe in der Geschichte der Mathematik bildet, soll auch nur angedeutet werden. Es wird dabei nämlich gefragt, wieviel Paare von Kaninchen im Laufe eines Jahres unter der Voraussetzung entstehen, daß jedes Paar allmonatlich ein neues Paar zeugt, das selbst vom zweiten Monat an zeugungsfähig wird. Todesfälle sollen sich nicht ereignen. Es ist also am Schluß des ersten Monats das erste und das von ihm erzeugte Paar vorhanden, am Schluß des zweiten Monats ist ein drittes Paar hinzugekommen. Am Ende des dritten Monats aber sind außer den bereits erwähnten Kaninchen noch zwei weitere Paare vorhanden, da jetzt auch das zweite Paar bereits zeugungsfähig ist usf.
Daraus ergibt sich für ein Jahr die Folge
1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, 89, 144, 233, 377,
bei der jede folgende Zahl nach dem Gesetz
gebildet wird.
Also wäre etwa das Glied 5 als zu bilden aus der Summe von und , also aus . Oder 21 als siebentes Glied aus usw.
Wenn nun auch Leonardo von Pisa neben diesen angeführten Aufgaben noch weit verwickeltere löste, wenn er sich auch als Meister der bestimmten und unbestimmten Gleichungen, des einfachen und doppelten falschen Ansatzes, der Ausziehung von Wurzeln und zahlreicher anderer arithmetischer und geometrischer Kenntnisse bewies, so ist es doch in erster Linie seine historische Stellung, die uns bewegt, ihn als Epoche zu betrachten. Er ist gleichsam der erste vollwertige Mathematiker der neueren Zeit, ist das erste Beispiel einer Widerspiegelung des vor ihm Geleisteten in der anders strukturierten Seele des spätmittelalterlichen Abendlandes.
Er ist repräsentativ für alle diese Völker, wenn er sich auch in seinem Werke an die „lateinischen Völker“ wendet und ihnen die verschüttete Kunst der Mathematik wiederbringen will.
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