Curso de alemán nivel medio con audio/Lección 122c

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Geschichte der Mathematik (Teil 22)


Als Beispiel dafür, wie sie die Rechenoperationen anfaßten, geben wir eine ihrer Multiplikationsmethoden, die den Namen „die Blitzartige“ führte. Man schrieb die zu multiplizierenden Zahlen an den Rand eines Quadrates oder Rechtecks, je nachdem, ob die zu multiplizierenden Zahlen gleiche oder ungleiche Stellenanzahl hatten. Wir wählen das Rechteck als den allgemeineren Fall und zwar die Multiplikation von 2976 mit 435. Man bildet nun ohne Rücksicht auf Stellenwert die Teilprodukte , , und und schreibt sie in die erste Kolonne waagrecht an, allerdings stets so, daß die Einer jeweils in das durch die gestrichelten Diagonalen entstandene untere, die Zehner in das jeweils obere Dreieck zu stehen kommen. Höhere Stellenwerte als Zehner können nicht entstehen, da das denkbar höchste derartige Teilprodukt , somit 81 wäre. Es handelt sich, wie man sieht, dabei um das „kleine Einmaleins“. Nun wird die zweite waagrechte Kolonne mit den Produkten , , gefüllt und so fort bis zur vollständigen Füllung des Rechtecks, die bei uns durch , , und entsteht. Damit ist alles geleistet. Denn es bleibt nur mehr die Addition sämtlicher, jeweils zwischen zwei durchlaufenden punktierten Linien stehenden Zahlen übrig, die von rechts nach links vorzunehmen ist.
Also zuerst , dann , dann , dann
und sofort bis und , wobei natürlich überschießende Zehner vorzutragen sind, wie wir das ja auch beim Addieren machen. Das Ergebnis schreibt man an den unteren Rand des Rechtecks.
Uns erscheint diese „Blitzartige“ lange nicht so zauberhaft wie den Alten, die bisher mit distributiven Teilprodukten rechnen mußten. Es sind hier allerdings auch distributive Teilprodukte vorhanden, aber sie verschwinden durch die Stellenwertschreibung völlständig aus dem Bewußtsein des Rechners. Er hat nichts anderes zu tun, als seine Aufmerksamkeit sklavisch auf die Quadrate und Diagonalen zu richten und dabei Operationen des „kleinen Einmaleins“ auszuführen. Alfles übrige besorgt selbständig und selbsttätig der „Algorithmus“, die Denkmaschine, deren Zahnräderwerk sich unter dem Positionssystem verbirgt: auch gelegentlich der Schlußaddition, wo der Rechner nur sagt „5 + 3 + 8 = 16, bleibt 1“ und die 6 hinschreibt. Ob diese Eins ein Zehner, Hunderter, Tausender usf. ist, wird nicht gefragt, nicht einmal gedacht. Sie wird der nächsthöheren Kolonne als Summand hinzugefügt, und damit Schluß. Ständen dort bloß Nullen, dann wird das, was geblieben ist, einfach hingeschrieben. Aber noch mehr. Nicht einmal der Begriff der nächst „höheren“ Kolonne wird mehr ausgesprochen oder gedacht. Diese Kolonne steht um eine Stelle weiter links und es ist von rechts nach links vorzurücken. Das ist die ganze Regel. Mit allem anderen mögen sich die Zahlentheoretiker beschäftigen, wenn es ihnen Spaß macht. So steht es auch heute noch mit den vier Spezies oder einfachen Grundrechnungsarten. Jeder fast hat sie als Kind erlernt und handhabt sie perfekt, manchmal sogar virtuos. Aber wohl kaum jeder Tausendste versteht wirklich, was er da macht. Die von Leibniz erfundenen Rechenmaschinen sind ja auch nichts anderes als die mechanische Ersetzung des schriftlichen Algorithmus. Und vorgreifend sei bemerkt, daß dieser spezielle Algorithmus der Stellenwertrechnung vier Stufen hat. Erstens die Rechnung nach der Methode im Kopfe, die allerdings nur auserwählten Menschen mit großer Vorstellungskraft gelingt. Zweitens die schriftliche Rechnung. Drittens die Rechenmaschine mit Handbetrieb, wobei gewisse Teiloperationen mit Kurbel oder weiterrücken eines sogenannten Lineals ausgeführt werden. Und viertens endlich die automatische Rechenmaschine, wobei etwa bei der „Mercedes-Euklid“-Maschine bloß noch die Art der Operation und die Zahlen (Multiplikand und Multiplikator usw.) eingestellt werden und die Maschine dann, elektrisch angetrieben, den Algorithmus abschnurrt. Diese Automatik in irgendeiner Form ist der Sinn und letzte Zweck eines Algorithmus überhaupt. Und es ist die höhere oder geringere Tauglichkeit jedes Algorithmus danach zu beurteilen, wie weit er einer Automatik nahekommt. Dabei ist nicht bloß an die Denkökonomie gedacht. Sie spielt auch eine Rolle, jedoch nicht stets die erste. Wichtiger ist es noch, daß der Algorithmus bei zunehmender Komplizierung der Probleme als selbständiges Ordnungs- und Übersichtsprinzip auftritt und daß er, wie schon erwähnt, Abgründe überbrücken kann, in die das Denkvermögen des Menschen einfach nicht mehr hinunterreicht. Wir werden dies später beim Imaginären und bei der Infinitesimalrechnung in der Leibnizschen Schreibweise am Werke sehen.
Unser Zauberteppich beginnt aber alle Grenzen zu überfliegen, wahrscheinlich, weil er in seinem Heimatland sich seiner Zauberfunktion erst so recht bewußt geworden ist. Deshalb wollen wir ihn für einige Zeit verlassen, uns in die Werkstätte Alchwarizmis begeben und zusehen, ob er, jenseits des Rechenunterrichtes im Stellenwertsystem, auch noch andere Disziplinen der Mathematik gepflegt hat. Wir sprachen schon davon, daß sich die Araber mit Algebra befaßten und daß das Wort Algebra geradezu vom Titel eines Werkes des Alchwarizmi stammt. Daher wollen wir jetzt in diesem Werk blättern und zusehen, in welcher Art Alchwarizmi Gleichungen behandelte. Aus dem vorzüglichen Werk Tropfkes entnehmen wir eine dieser Aufgaben, und zwar die Lösung der gemischtquadratischen Gleichung
x2 + 21 = 10x.
Alchwarizmi sagte (wobei er x2 und x mit den später als „census“ und „radix“ übersetzten Worten bezeichnet):
x2 + 21 = 10x bedeutet, daß, wenn du 21 zu dem Quadrat einer Zahl addierst, die Summe gleich dem Zehnfachen dieser Zahl ist. Die Regel hierfür verlangt, daß du die x halbierst, das ist 5. Diese multipliziere mit sich selbst, das ist 25. Hiervon subtrahiere jene 21, die du mit dem Quadrat zusammen nanntest; da bleibt 4.
Hieraus ziehe die Wurzel, das ist 2, und subtrahiere diese 2 von der Hälfte der as, also von 5. Es wird nun 3 bleiben. Dies ist die Wurzel des Quadrates, die du haben wolltest; das Quadrat ist 9. Wenn du willst, addiere auch die 2 zur Hälfte der Wurzeln, das ist 7. Das ist x und das Quadrat x2 ist 49.
Wenn eine Aufgabe dich auf diese Normalform bringt, so prüfe die Richtigkeit der durch Addition erhaltenen Lösung. .Stimmt sie nicht, so ist jeder Zweifel bei der Subtraktion ausgeschlossen. Und nur bei dieser einzigen der drei Normalformen, in denen es sich um Halbierung der x: handelt, darf die Lösung mit Addieren und Subtrahieren vor sich gehen. Beachte ferner, daß, wenn du x: bei diesem Fall halbierst und quadrierst, und es nun eintritt, daß dieses Resultat weniger als das konstante Glied, das mit x2 zu vereinigen war, beträgt, dann eine Lösung unmöglich ist. Wenn es dem konstanten Glied gleich ist, dann ist x gleich der Halfte der x ohne Vermehrung oder Verminderung.“
Wir haben diese Textstelle wörtlich angeführt, nicht bloß, um eine Probe aus der „Aldschebr Walmukabala“ zu geben, sondern um aus ihr die ganze Art und Haltung der arabischen Algebra abzuleiten. Zuerst sehen wir, daß, rein formal, die Tätigkeit der Araber gegen Diophantos ein ausgesprochener Rückschritt ist. Die Ansätze der Symbolschreibung in der synkopierten Algebra Diophants sind wieder einer reinen, ausschließlichen Wortalgebra gewichen. Allerdings ist inhaltlich trotzdem ein Fortschritt in der Richtung eines Algorithmus aufzuweisen.
Denn die Lösungsmethode des Alchwarizmi, die unsrer Formel
entspricht, ist Original und Eigentum des Arabers.
[ ist hier positiv, da in der vorgelegten Gleichung rechts vom Gleichheitszeichen steht, im Gleichungspolynom also eigentlich negativ wäre.]
Er hat ihr auch, nach griechischem Vorbild, geometrische Beweise hinzugefügt. Doch das hat seine rein algebraischen Vorstöße nur wieder zurückgeschlagen. Denn dadurch war er nicht imstande, die zweite negative Lösung anzuerkennen, die in unserm Falle dann eintreten müßte, wenn
größer wäre als .
Es gibt also auch bei Alchwarizmi zwei Lösungen der gemischtquadratischen Gleichung nur dann, wenn beide Lösungen positiv ausfallen, wie im obigen konkreten Beispiel.
Dabei zieht er außerdem die Lösung
der Lösung
vor, da sie ihm irgendwie naturgemäßer erscheint.
Er hat auf keinen Fall die bei den Indern entdeckten negativen Lösungen als Lösungen betrachtet. Für unmöglich erklart er die imaginäre Lösung, falls c größer wäre als
.
Dieses Wort „impossibilis“ (unmöglich) begleitet die imaginären Zahlen mehr als ein weiteres Jahrtausend bis zu Descartes, der es durch das weniger absprechende Wort „imaginär“ ersetzt.
Auf weitere Einzelheiten der arabischen Mathematik einzugehen, liegt für uns kein Anlaß vor, obgleich sie sicherlich sehr interessant sind. Worin also, so fragen wir uns, besteht die Epoche, die durch die Araber heraufgeführt wurde? Ist sie eine Epoche der Forschung, des Unterrichtes oder gar nur eine Übersetzer- und Sammlertätigkeit, die dadurch angeregt wurde, daß die Kalifen zufällig nestorianische Christen als Leibärzte verwendeten und diese Ärzte hellenische Bildung besaßen und mitbrachten? Oder ist durch all die Jahrhunderte bis zu den maurischen Hochschulen von Sevilla, Toledo und Granada durch Ost- und Westaraber doch etwas Bleibendes geschaffen worden, das über die Verwaltung des indischen und griechischen Erbes hinausreicht?
Diese Fragen sind nicht leicht zu beantworten. Um so schwerer, als in der Wissenschaftsgeschichte oft auch die Verwendung und Anpassung überkommenen Wissens in seiner späteren Auswirkung epochale Bedeutung gewinnen kann. Vielleicht ist mancher Ruhm unverdient und die bloße Verewigung von Namen und Ausdrücken ist irreführend. Aber die Tatsache allein, daß wir bis vor kurzem unser Ziffernsystem das „arabische“ nannten, daß Algebra und Algorithmus, Alhidade, Zenit, Nadir, Almukantarat, Ziffer, Zero aus unserm Sprachschatz nicht wegzudenken sind, daß unser Himmel voll von arabisch benannten Sternen steht, wie Alkor, Mizar, Beteigeuze, Rigel, Algol, Aldebaran, Fomalhaut, Toliman, Kochab, Ras-Alhague, Zuben el schemali, um nur einige zu nennen, dürfte doch mehr bedeuten als eine unrechtmäßig usurpierte Autorschaft oder eine bloße Vermittlertätigkeit.
Es ist nicht zu leugnen, daß die Araber gleichsam im Materialen, rein Inhaltlichen unsrer Wissenschaft vergleichsweise wenig Neues hinzugefügt haben. Sie bereicherten etwa die Geometrie gegenüber den Griechen wesentlicher nur in der Trigonometrie und Astronomie. Dagegen haben sie in formaler Beziehung die Denkmaschine, die in der Arithmetik und Algebra liegt, ziemlich klar erkannt und wenn auch nicht erfunden, so doch zum großen Teil aus den Schranken geometrischer Bevormundung und Übergewichtigkeit erlöst. Entsprechend ihrer kühleren, rationaleren Veranlagung, der gleichsam das Kristallinische näher lag als das Lebendig-Organische, haben sie der Verstandesseite des Erkenntnisapparates gegenüber der Anschauung zu ihrem Recht verholfen. Sie waren begabte, tüchtige und interessierte Mathematiker. Gemäß islamitischer Ausbreitungs- und Bekehrungstendenz entwickelten sie ein umfassendes Schulwesen, das durch ihre Handelstätigkeit noch an Bedeutung gewann. Sie brachen aber zudem noch ihrer Kultur überallhin durch Feuer und Schwert Bahn und versäumten es nicht, den blutigen Eroberungszügen die Mathematik nachfolgen zu lassen. Aber auch sie waren trotz aller praktischen und expansiven Veranlagung keine Ingenieure, das heißt, sie berannten nicht mit dem Werkzeug der Mathematik die Natur, um sie dann, nachdem sie ihr die Geheimnisse entrissen hatten, durch Maschinen in ihren Dienst zu zwingen. Ihrer magischen Veranlagung gemäß, mündete vielmehr ihre Mathematik in Rätsel, kabbalistischen Zauber und astrologisch orientierte Astronomie. Wieder einmal, wie bei den Pythagoreern, wurde die Zahl, ihre Beziehung zur Welt und die Beziehungen der Zahlen untereinander zum Geheimnis und zur Enthüllung. Die Kabbala gewann den magischen Klang, den wir ihr heue noch beilegen. Und in den erleuchtetsten Köpfen der Araber dürfte schon ziemlich klar aufgedämmert sein, daß noch magischer als die Zahl selbst die Denkmaschine des Algorithmus war. Um Mathematik zu lehren und Mathematik zu verbreiten, sind Regeln erforderlich. Regeln aber führen zur Verallgemeinerung. Und Verallgemeinerung setzt eine genaue Kenntnis von Zusammenhängen voraus. Diese Stufenfolge aber führt zwangsläufig dazu, daß die Mathematik an irgendeiner Stelle zum Zauberlehrling wird. Das Werkzeug selbst beginnt plötzlich für uns zu denken und reißt uns in Gebiete vor, die wir bisher nicht einmal ahnten. Und Mathematik wird so recht ein „Sesam, öffne dich“.
Wieder hat uns der Zauberteppich, diesmal bloß unsere Gedanken, in die Zeit vorangetragen. Denn es mußte sich noch viel Äußeres und Inneres, viel Zufälliges und Notwendiges, viel rein Persönliches und Strukturelles ereignen, bis mit der Geburt einer neuen Mathematik sich auch die äußere Umwelt veränderte. Denn gerade um die Zeit, als ein andrer heißer Glaube seine streitbaren Heere in die Welt hinaussandte, zur Zeit, als die Kreuzfahrer, im wilden Überschwang eines werdenden Kulturbewußtseins, siegend oder verschmachtend in arabischen Wüsten kämpften, begannen sich gotische Türme zum Himmel zu recken, verschwammen halbdunkle gotische Gewölbe in der sicheren Vorahnung und Vorschau eines Rinascimento, das, ungleich der eigentlichen Renaissance, die Wiedergeburt des Geistes als ganzen betraf. Wie alle großen Kulturen der kaukasischen Völker war diese Kulturwerdung eine peninsulare. Nach den Halbinseln Kleinasien, Griechenland und Rom trat die „Halbinsel Europa“ ihre Sendung an.
Alles lag bereit, alle Keime waren noch voll Leben, wenn auch die Pflanzer dieser Keime gestorben und verdorben waren oder eben ihren letzten Kampf ausfochten. Alles lag bereit. Der gotisch-faustische Geist konnte sein Werk beginnen. Denn ein Völkermorgen dämmerte und die frische, unverbrauchte Kraft vieler Nationen dürstete spannkräftig nach einer Betätigung, deren ideelle Vorwegnahme die Kreuzzüge und gotischen Dome waren. Von der Hand des Magiers Klingsor hatte der Gralsritter die Wunde empfangen, die nie sich schließen wollte. Der magische Geist begann den faustischen mit der Wunde ewiger Aufwärtssehnsucht zu erfüllen.
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