Curso de alemán nivel medio con audio/Lección 177c

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Archimedes (Teil 16)


Schon rein äußerlich bildete dieser Saal der Mathematiker eine Besonderheit. Auch hier der spiegelglatte, grüne Marmorfußboden. Auch hier die stumpfweiße, zieratlose Decke. Auch hier schließlich die Regale mit den zahllosen Kapseln der Papyri. Aber es waren noch andere Regale da, auf deren Brettern, sorgfältig geordnet, alles lag, was sich der anspruchsvollste Mensch als Zeichenbehelf ersinnen konnte. Zirkel aller Größen, Lineale, Maßstäbe, Stöße von Papyrosrollen und dazu jene sonderbaren und umstürzenden Geräte zur Darstellung von Kegelschnitten, Muschel- und Epheukurven, die zur rein zeichnerischen Lösung der großen Probleme der Würfelverdoppelung und Winkeldreiteilung von den Zeitgenossen Platons ersonnen worden waren.
Archimedes erblickte mitten im Getriebe der Arbeitenden den großen Konon und für einen Herzschlag auch den kleinen Apollonios, der sich jedoch sofort abkehrte und mit geröteten Wangen auf seinen Arbeitstisch starrte.
Diese Arbeitstische vervollständigten die Bequemlichkeit der Einrichtung. Jeder Tische war geteilt. Während aber die eine Hälfte gleichsam eine offene Schublade war, in der feiner angefeuchteter Sand es erlaubte, mit einem Elfenbeingriffel flüchtige Skizzen zu zeichnen, die man mit einer breiten Spachtel glättend wieder fortwischte, war die zweite Hälfte der Tische eine Art von Reißbrett, auf dem die endgültigen Zeichnungen auf den Papyros aufgetragen wurden. Und es war dafür gesorgt, dass reichlich Licht durch hohe Fenster einströmte.
Konon kam sofort auf Archimedes und Eratosthenes zu. Er lächelte leicht, als er den Fieberblick wahrnahm, mit dem Archimedes diese mathematische Werkstätte musterte.
„Hast du Verlangen nach irgendeiner mathematischen Schrift?“ fragte Konon scherzend. „Auch deine bisherigen Schriften stehen dort oben. Aber es wäre ja möglich, dass du in Syrakus noch nicht alles dir beschaffen konntest, was dich brennend interessiert. Befiehl, Archimedes. Wir werden versuchen, zu zaubern.“
Wieder überkam Archimedes eine quälende Unrast und ein traumartiger Zustand. Warum wunderte er sich im Angesichte der Tatsachen über Dinge, die er doch gewusst hatte, bevor er in Syrakus das Schiff bestieg? Derentwegen er ja hierher gereist war? Plötzlich bildete er sich ein, in diesen Kapseln auf den Regalen wäre nichts oder nur Unwesentliches enthalten. Er wollte eine Probe machen, an deren Gelingen er zweifelte. Hatte er doch nach diesen Büchern seit Jahren vergeblich gefahndet, ohne mehr zu erreichen als kärgliche Auszüge. Man konnte sie also auch hier nicht besitzen.
„Verschaffe mir die Bücher des Eudoxos, mein lächelnder Konon“, erwiderte er schnell. „Dann werde ich an die Zauberei glauben.“
„Sonst Willst du nichts?“ fiel Eratosthenes in. „Wir haben davon, soviel ich weiß, mehrere Abschriften. Du kannst sie also ruhig auf dein Zimmer nehmen.“ Und er Winkte einem Gehilfen, der sofort in eine entfernte Ecke des Saales eilte, dort eine Leiter bestieg und nach kürzester Zeit mit zwei Behältnissen erschien.
Konon warf einen prüfenden Blick auf die Aufschriften.
„Es ist alles, was Eudoxos geschrieben hat. Bist du zufrieden, Archimedes? Da du wahrscheinlich in deinem Zimmer arbeiten willst, wirst du es nachher dort finden. Es muss bloß eingetragen und verbucht werden. Wir senden außerdem noch Papyros zum Zeichnen und Zeichengeräte mit. Die magst du dir ebenfalls auswählen.“
„Und mich wirst du jetzt entschuldigen“, ergänzte Eratosthenes. „Ich wollte dir bloß noch eröffnen, dass du dir in den Kanzleien dein Gehalt beheben kannst. Man wird dich hinführen.“
Archimedes sah ihn fassungslos an.
„Was für ein Gehalt? Ich bin doch Schüler.“
Da lachte Eratosthenes auf.
„Das musst du wohl dem Urteil unsres Königs und unsrem Urteil überlassen, als was wir dich hier ansehen. Schüler sind wir schließlich alle bis ans Ende. Sonst wären wir nicht richtige Mitglieder des Museions. Der König hat es so gewünscht. Er dürfte wissen warum. Jetzt aber leb wohl, Archimedes! Wenn es dir passt, sehen wir uns bei Tisch. Wenn nicht, wird niemand fragen, wo du bist. Alexandria ist schön und groß und die Muse ist auch anderswo zu treffen als im Museion, was Sosibios als Paradoxon bezeichnen würde.“ Mit diesen Worten kehrte sich der große Beta ab und erteilte sofort Weisungen an Beamte, die ihm nachgegangen waren und ihm geschäftig Aktenstücke entgegenhielten.
Archimedes aber stand noch immer angewurzelt da und sah nicht einmal die lächelnden Blicke Konons, der sich an seinem entrückten Gesicht weidete.
Der Traum eines Traumes? Wer hatte das gesagt? Gleichgültig, wer es gesagt hatte. Würde dieser Traum ein Ende nehmen? Wohin waren die Bücher des Eudoxos verschwunden? Er würde sie nachher auf dem Zimmer finden. Und entrollen. Und alles würde er leiblich vor Augen haben, was er seit Jahren suchte. Er wusste genau, warum er gerade nach Eudoxos fahndete. Bei Eudoxos war die erste Spur, die Wurzel, aus der sein Riesenbaum sich entfalten sollte. Dieser unheimliche Baum, dessen Früchte der kleine Apollonios wahrscheinlich für giftig hielt.
Er ertrug es plötzlich nicht mehr, mitten in diesem Saal zu stehen. Alle, die da zirkelten und rechneten, lasen und kritzelten, schienen ihm Widerspruch entgegensetzen zu wollen. Es war die Schule Euklids, er fühlte den kalten Schatten des Riesen fast körperlich. Nein, nein, nein! Man sollte ihn nicht einfangen, nicht mit Gewalt bestechen, zu nichts zwingen. Er musste fliehen, bevor es zu spät war. Es gab eine Freiheit, die tödlicher war als der wildeste Zwang. Warum lächelt Konon in einem fort? Warum flüstert Apollonios jetzt mit einem grauhaarigen Mathematiker?