Curso de alemán nivel medio con audio/Lección 151c

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Geschichte der Mathematik (Teil 51)


15[editar]

Fünfzehntes Kapitel
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C. F. GAUSS
Mathematik als Weltfahrt
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Wir schlossen unser letztes Kapitel mit der Ankündigung, daß noch einige Provinzen zu durchschreiten wären. Soweit es die Anlage unseres Buches betrifft, stimmt dieses Versprechen, besser diese Begrenzung. Nicht aber für Gauß selbst. Denn dieser Heros, dem wir uns jetzt ehrfürchtig nahen, war nicht bloß Beherrscher einer dieser Provinzen, sondern der unbestrittene „princeps mathematicorum“, der Fürst des Gesamtreiches der Mathematik.
Kein Makel, kein Schatten liegt über diesem einzigartigen Stern allererster Größe, über dieser Gestalt, die wie Leibniz, Goethe und Kant, Cartesius, Newton zu den ganz unvergleichlichen Spitzen der Menschheit aller Nationen und aller Zeiten gehört.
Wie ein Kant der Sohn eines armen Sattlers war, so verlebte der kleine Gauß die ersten Jahre seines Lebens im bescheidenen Hause eines Maurers. Doch nein. Nicht Maurer allein war der Vater, sondern noch dazu „Wasserkunstmeister“, also ein Mann, der die Wasserkünste und Springbrunnen zu betreuen hatte.
Geboren wurde Gauß im Jahre 1777 in Braunschweig, wo besagter Vater ansässig war. In den allerersten Lebensjahren lernte Gauß, wie er selbst erzählte, früher rechnen als sprechen. Dann begann er seine Verwandten „um Buchstaben anzubetteln“ und konnte plötzlich lesen und schreiben, ohne daß jemand recht wußte, woher.
Mit sieben Jahren bezog er die Katherinen-Volksschule, wo er an hundert Mitschüler hatte und sich durch nichts weiter auszeichnete. Erst mit neun Jahren führte ein Zufall zu seiner Entdeckung. Sein Lehrer Büttner stellte den Knaben die Aufgabe, die Zahlen 1 bis 60 zu summieren. Jeder, der mit der Aufgabe fertig sei, sollte dann die Schiefertafel auf einen großen Tisch legen, und zwar eine über die andere, so daß der Lehrer sowohl Tempo als Richtigkeit der Lösung konstatieren konnte. Wenige Augenblicke nach Bekanntgabe des Problems springt der winzige Gauß auf, eilt zum Tisch und sagt im Braunschweiger Dialekt die in der Wissenschaftsgeschichte ewigen Worte „ligget se“ („hier liegt sie“). Der Lehrer, der die Karbatsche in der Hand halt, sieht den blassen kleinen Kerl mitleidig an. Gut, wie er will. Die Karbatsche wird ihm solche Scherze für die Zukunft versalzen. Als nach geraumer Zeit alle Tafeln auf dem Tisch liegen, blickt der Lehrer eine nach der andern an und spendet Lob und Tadel. Fast hat er schon der ersten Tafel vergessen. Was? Wie? Dort steht ja nichts als 1830 auf der Tafel? Wie hat er das gemacht, der Knirps? Hat er gar zufällig das Ergebnis auswendig gewußt? Gauß aber sagt schlicht, er habe in Gedanken die höchste unter die niederste Zahl geschrieben, die zweithöchste unter die zweitniederste und so weiter. Also
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Dann habe er stets je zwei addiert und die dreißig gleichen Resultate summiert, bzw. durch Multiplikation von die Summe erhalten. Dreimal einundsechzig ist doch 183 mal zehn ist 1830. Ist das so schwer? Büttner ließ die Karbatsche sinken und tat etwas, wofür ihm ein Denkmal gebührt. Er besorgte für Gauß ein Lehrbuch der Mathematik aus Hamburg und erklärte kurze Zeit nach dieser ersten Tat freimütig, Gauß könne von ihm nichts mehr lernen. So aber ging es weiter. Weder die technische Hochschule noch die Universitat Göttingen konnten dem Riesengeist etwas bieten, der, gleich einem Galois, schon mit 15 Jahren Newton, Euler und Lagrange studierte. Noch nicht ganz 19 Jahre alt, entdeckte er die Kreisteilungsgleichungen, auf die wir zurückkommen werden, und empfand über diese Entdeckung, wie er später sagte, eine „mäßige Freude“. In dieser sonderbar melancholischen Freude schenkte er seinem besten Freund Wolfgang Bolyai die historische Schiefertafel, auf der seine Karriere als Mathematiker begonnen hatte. Sofort aber strebte er weiter. In seiner Studentenzeit verfaßte er bereits eines der grandiosesten Werke der Mathematikgeschichte, die „Disquisitiones arithmeticae“, die 1801 erschienen und den greisen Lagrange zum Ausruf nötigten, Gauß habe sich damit sogleich in den Rang der ersten Mathematiker erhoben. Mit 23 Jahren wurde Gauß schon Mitglied der Petersburger Akademie und mit 25 Jahren setzte er die ganze Welt in Erstaunen. Der kleine Planet „Ceres“ war nämlich kurz nach seiner Entdeckung dem Gesichtskreis der Astronomen wieder entschwunden und man wußte kein Mittel, ihn wiederzufinden. Da setzte sich der junge Mathematikerfürst zum Schreibtisch, rechnete einige Blätter voll und erklärte, er habe die Bahn der „Ceres“ festgestellt. Dort und dort müsse sich das Sternchen eben herumtreiben. Man suchte und fand sofort. Gauß aber war zum Weltwunder geworden, um den die Staaten zu buhlen begannen. Um ihn in der Heimat festzuhalten, ernannte man ihn zum Leiter der noch nicht erbauten Sternwarte in Göttingen, an der er dann bis an sein Lebensende im Jahre 1855 wirkte.
So weit eine kurze Skizze seines Lebenslaufes. Strukturell verbanden sich im Geist Gaußens, etwa wie bei Archimedes, drei Eigenschaften, die zugleich seine Einzigartigkeit ausmachen. Er blickte auf die Mathematik herab wie auf eine Landkarte, die man bloß zu entziffern brauchte, um die entferntesten Gegenden miteinander zu verbinden. Er wußte aber als durch und durch prometheischer Geist auch, daß Mathematik nicht Selbstzweck sei. Er wollte das Schwert nicht nur schmieden, sondern wollte wie Siegfried mit diesem Nothung sich durch Erde und Himmel durchschlagen. Dadurch aber wurde er ein Bahnbrecher der angewandten Mathematik, speziell der Geodäsie, Physik und der Astronomie. Drittens, und das erinnert ebenfalls an Archimedes, brauchte er keine fremde Hilfe, um die verwickeltsten und mühsamsten Dinge zu berechnen. Er rechnete mit gewöhnlichen Zahlen ebenso bienenfleißig wie mit Integralen, komplexen Variablen und gekrümmten Räumen. Oder mit Wahrscheinlichkeitskurven und Kongruenzen. Und er maß ein Riesendreieck Brocken-Hohenhagen-Inselsberg, um, wieder mittels der Fehlertheorie, herauszubringen, ob der Raum, in dem wir leben, ein ebener oder gekrümmter Raum sei. Und das Rätselhafteste: er behielt gerade, wie wir schon bei der Besprechung Niels Henrik Abels gesehen haben, die allerwichtigsten Entdeckungen bis an sein Lebensende bei sich und sah, im wohltätigen Gegensatz zu einem Newton, seelenruhig zu, wie andere seine Entdeckungen neu entdeckten und publizierten. Ja, er lobte sie dafür noch in überschwenglichen Worten. Als man ihn aber fragte, warum er etwa die nichteuklidische Geometrie, die er vollständig besaß, nicht bekanntgemacht habe, meinte er, er habe das „Geschrei der Böotier“ gefürchtet. Obwohl Gauß diese Worte gesagt hat, wagen wir, an ihrer objektiven Richtigkeit zu zweifeln. Ein Gauß, vor dem fast sechzig Jahre seines Lebens alle maßgebenden Kritiker ehrfürchtig und bewundernd, neidlos und um Gunst werbend, gleichsam kniend im Staube lagen, hatte kein Böotiergeschrei, also keinen Pöbelaufstand der Banausen zu fürchten. Viel eher fürchtete er die „Mütter“, fürchtete, durch Preisgabe eines Geheimnisses letzter Urtiefen, in dessen Besitz er durch Zufall gelangt war, die Harmonie der Sphären zu erschüttern oder Kräfte in Bewegung zu setzen, die das Maß des durch Menschen zu Bändigenden überstiegen. Wir halten das „Rätsel Gauß“ für ein hohepriesterliches Geschehen, für Gottesfurcht und Moralität in des Wortes schönster Bedeutung, für tiefinnerstes Denkertum, dem die große Sache der Welt über allen persönlichen Motiven steht. Schrullig war Gauß in keiner Art. Er war bloß dämonisch durch und durch und war so wissend, daß er nicht Dinge in Bewegung setzen wollte, für die die Zeit vielleicht noch nicht reif war. Fanden andere seine Geheimnisse aus eigenem, dann war dies für ihn der Beweis, daß die Zeit doch schon reif war. Und da wieder nur er wußte, wie unsäglich schwer diese Erkenntnisse zu erringen waren, schreibt er an Wolfgang Bolyai, als dessen Sohn Johann Bolyai die nichteuklidische Geometrie entdeckt hat und die äußere Priorität dieser Entdeckung gewinnt: „Ich halte diesen jungen Geometer von Bolyai für ein Genie erster Größe.“ Wir aber fügen hinzu, daß wir Gauß aus überströmendem Herzen und mit tiefster Ehrfurcht für einen Charakter erster Größe halten, was vielleicht noch mehr ist als höchste Genialität.
Es ist uns leider im Rahmen einer Epochengeschichte versagt, die Gesamterscheinung dieses Mannes zu würdigen. Doch dürfen wir uns dabei damit trösten, daß Gauß, rein wissenschaftlich, mitten unter uns lebt und auch auf mehr als eine Art jedem zugänglich ist, der ernster in die Mathematik eindringt. Wir werden uns also darauf beschränken, einige seiner allerobersten Entdeckungen anzudeuten und in unserer schon oft geübten Art auf unser Niveau herunterzutransformieren, wobei wir versuchen werden, an Dinge anzuknüpfen, die uns schon bekannt sind. Zuerst wollen wir die früheste epochale Entdeckung Gaußens, die die sogenannten Kreisteilungsgleichungen betrifft, unter die Lupe nehmen. Daß Gauß einer der größten Zahlentheoretiker war, sei hierbei vorausgeschickt. Ebensolche Gegenstände behandelten ja die berühmten „Disquisitiones arithmeticae“ vom Jahre 1801, die man, frei übersetzt, als eine „Untersuchung über das Reich der Zahlen“ bezeichnen könnte. Es war nun, ohne daß Gauß darum wußte, dem norwegischen Feldmesser Wessel gelungen, im Jahre 1798 zum erstenmal die imaginären Zahlen analytisch darzustellen, die man bisher, wie wir schon wissen, als „unmöglich“ oder höchstens als Einbildungsprodukte bildlosester Art angesehen hatte. Wessel sei genannt, weil er nicht um den Ruhm kommen soll, eine Genietat vollbracht zu haben. Als Epoche aber wirkte bloß die fast gleichzeitige identische Entdeckung Gaußens. Wir, die wir heute ja gewohnt sind, in jedem Mittelschullehrbuch oder im Konversationslexikon kurz und bündig über diese Abbildung imaginärer und komplexer Zahlen Aufschluß zu erhalten, können uns nicht mehr in die Lage zurückversetzen, der sich der junge Gauß gegenübersah. Man war noch das ganze achtzehnte Jahrhundert hindurch äußerst mißtrauisch gegen die imaginären Zahlen gewesen, da selbst die großen Mathematiker im Rechnen mit Imaginärzahlen unablässig die schwersten Fehler begingen, so daß es schließlich keiner mehr wagen wollte, für das mathematische Geisterreich seinen im mathematischen Diesseits festbegründeten Ruf aufs Spiel zu setzen. Gut, man hatte allerlei Rätselhaftes gefunden. So etwa hatte De Moivre im Jahre 1738 bereits ausgesprochen, daß die n-te Potenz der komplexen Zahl gleich sei .
Euler wieder wußte um die Beziehung , und schließlich fanden Bernoulli und D'Alembert, daß durch beliebige algebraische Behandlung komplexer Zahlen stets wieder eine komplexe Zahl gewonnen werden müsse, wofür, nebenbei erwähnt, die Formel De Moivres ein sehr allgemeines Beispiel war.
Gleichwohl aber blieb das Reich der imaginären und komplexen Zahlen ein höchst unheimliches Geisterreich, dessen Gesetze dem allzu kühnen Eindringling ungreifbar und unkontrollierbar in den Händen zerrannen, als ob er nach Schleiern von Gespenstern hätte langen und sie festhalten wollen. Nun konnte man aber in einem bestimmten Gebiet der Mathematik dem „Geisterreich“ nicht ausweichen. Nämlich in der Lehre von den Gleichungen. Wenn der „Fundamentalsatz der Algebra“ (Gleichung n-ten Grades hat stets n Lösungen) gelten sollte, dann kam man um komplexe Lösungen nicht herum. Auch natürlich nicht bei einer Gleichung vom Typus oder, was dasselbe ist, . Bei dieser Gleichung sind höchstens zwei Lösungen reell, nämlich und bei geradem n, Während alle anderen Lösungen zwangsläufig komplex sein müssen.
Fig. 11

Nun war es aber, wie wir schon mitteilten, Gauß gelungen, in genialer Art eine geometrisch-analytische Darstellung der komplexen Zahlen zu finden, die nicht mehr auf Zahlenlinien, sondern in einer Zahlenebene liegen. In unserer Figur sehen wir diese „komplexe Zahlenebene“ vor uns, deren Ausdeutung und Entstehungsart in unserem Buche „Vom Einmaleins zum Integral“ nachgelesen werden kann. Tragen wir nun alle Lösungen der Gleichung auf diese Zahlenebene ein, dann lassen sich die Punkte, die diesenl Zahlen entsprechen, durch Gerade verbinden, die zusammen ein regelmäßiges n-Eck bilden. Welch magisches Wunder mit dieser Entdeckung erschlossen war, ist kaum zu schildern. Man mache sich den Tatbestand klar: eine Gruppe von reellen und komplexen Zahlen, die zusammen alle Lösungen der Gleichung bilden, ergibt in einer zweidimensionalen analytisch-geometrischen Darstellung ein reguläres Polygon und teilt damit den diesem Vieleck umschriebenen Kreis in n Teile, bzw. n gleiche Zentriwinkel. Arithmetik, Algebra, analytische Geometrie, Trigonometrie und Funktionenlehre verschwistern sich in diesem Gebiet mit der elementaren Geometrie und erhellen zudem noch das Gebiet der Konstruktion. Denn jetzt kann man untersuchen und voraussagen, wann ein regelmäßiges n-Eck mit Zirkel und Lineal konstruierbar sei. Zu allgemeinster Verblüffung selbst der größten Zeitgenossen bewies Gauß, daß das reguläre 17-Eck mit Zirkel und Lineal konstruierbar sei. Denn die Gleichung ist dann auf Quadratwurzeln rückführbar,
(Was ja bekanntlich die Bedingung für eine Konstruktion mit Zirkel und Lineal ist.)
wenn n eine Primzahl und von der Form ist, wobei k selbst von der Form sein muß. Unter Berücksichtigung dieser Bedingung kommt man für auf ,für auf und für auf usw., wobei sich allerdings für n in weiterer Folge nicht stets Primzahlen ergeben müssen.
Schon mit dieser Tat hatte sich der neunzehnjährige Gauß als„ Meister der drei großen A“ erwiesen, wie man ihn später nannte: der Arithmetik, der Algebra und der Analysis.
Wir wollen aber wieder nur andeuten, wenn wir erklären, daß er einen ganz neuen Operationstypus algorithmischer Art den Gleichungen an die Seite stellte, den man (mod n) schreibt und „a kongruent b, modulo (oder nach dem Modul) n“ spricht. Im tiefsten Wesen liegt dieser „Kongruenz“ ein Gruppengedanke zugrunde, da sich eine Zahl durch eine derartige Operation nicht als gleich mit einer anderen, sondern bloß als „strukturparallel“ herausstellen soll, wenn dieser Ausdruck erlaubt ist. So wäre etwa 19 kongruent mit 40 nach dem Modul 7 oder , weil beide Zahlen, durch 7 dividiert, den Rest 5 ergeben, sich also in bezug auf den gemeinsamen Modul 7 gleichartig verhalten.