Curso de alemán nivel medio con audio/Lección 244c

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Vom Punkt zur vierten Dimension. Geometrie für Jedermann.

44[editar]

Vierundvierzigstes Kapitel
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Gekrümmte Räume
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Wir wollen dazu die sogenannte „Beltramische Hypothese“ über die Flächenwesen als Vorbemerkung erläutern. Nehmen wir einmal an, was wir übrigens schon andeuteten, es gäbe auf oder in irgendeiner vollkommen dickelosen, also rein geometrischen Fläche Wesen, die nicht imstande wären, irgendwie diese Fläche zu verlassen. Sie sind somit durchaus im R2 eingebettet. Diese Hypothese ist gar nicht so weit hergeholt, als es auf den ersten Blick scheint. In starker Annäherung sind wir Menschen ebenso auf der Erdoberfläche „eingebettet“. Und ein Südseeinsulaner, der mitten im Stillen Ozean auf einem zehn Meter hohen Korallen-Atoll lebt und, wenn es gut geht, fünf Meter tief tauchen kann, hat nach oben und unten einen Freiheitsgrad von etwa 20 Metern im Maximum. Nehmen wir noch die Hypothese einer mit Nebel erfüllten Atmosphäre dazu, was sich wieder für einen Eskimo der Tundren Nordsibiriens leicht ereignen kann, und lassen wir unsere Urmenschen keine Lotungen ausführen, dann haben wir Wesen, die relativ zur Erde, deren ÄquatorDurchmesser 12.754.794 Meter ist, so gut wie keine Dickendimension kennen. Wäre dazu noch die Erde so groß wie die Sonne oder gar wie einer der sogenannten „Roten Riesen" unseres Milchstraßensystems, dann würden unsere Kugelbewohner seelenruhig auch auf ihrer Kugelfläche euklidische Geometrie treiben und kämen nie auf den Gedanken eines sphärischen Exzesses, da sie ihn selbst mit feinsten Instrumenten nicht auffinden könnten. Sind sie aber gar wirkliche „Beltramische Flächenwesen“, dann fehlt ihnen auch der letzte Begriff einer dritten Dimension, die dem Südseeinsulaner ja schon der aufrechte Gang, die Gravitation, die Kokospalme usw. vermittelt. Sie werden bei genügend großem Radius ihrer Fläche, die wir jetzt als Kugel oder Pseudosphäre annehmen wollen, einfach zweidimensionale euklidische Geometrie treiben und etwa am Parallelensatze durchaus nicht zweifeln.
Nun könnten sie aber die furchtbarsten Überraschungen erleben. Und zwar sowohl vom Standpunkt der Dimension als vom Standpunkt der Krümmung. Sprechen wir zuerst von der in diesem R2 schauerlichen, und okkulten „dritten Dimension“. Unsere Wesen hätten sich etwa einen „geschlossenen“ Behälter aus glasartigem Material hergestellt. Wie sieht der nun aus? Er ist wohl nichts anderes als irgendeine geometrische geschlossene ebene Figur, etwae in Kreis, ein Quadrat oder dergleichen. In das „Innere“ dieses Behälters können die Flächenwesen nur gelangen, wenn sie die Umgrenzungslinie an irgendeiner Stelle durchbrechen. Nun läge ein flächiges Partikelchen neben dem Behälter außerhalb der Umgrenzung. Und irgendeine Naturkraft, die gerade nur auf das Partikelchen wirkt, höbe es „magnetisch“ in die dritte Dimension heraus, wirbelte es herum und ließe es dann, womöglich umgeklappt, in das Innere des Behälters fallen. Durch die gläserne Linienwand würden unsere Flächenwesen mit (im zentrischen Büschel) gesträubten Haaren dieses Phänomen erblicken und hätten nicht einmal die Möglichkeit dieses, sagen wir Dreieckchen, wieder umzuklappen, wenn sie endlich die Glaswand durchbrechen und an das Wunder herangelangten.
Uns dagegen erscheint der Vorgang höchst simpel. Ein Magnet hat dieses einzige Eisendreieckchen in dieser Welt aus seiner Fläche herausgerissen, es hat sich umgeklappt und ist dann in den Kreis- hineingefallen, den die Flächenwesen für unübersteigbar hielten. Gewiß, der Vergleich hinkt ein wenig. Denn ein dickeloses Plättchen kann ein Magnet nicht anziehen. Wir meinten das auch nur höchst ungefähr. Die Raumverhältnisse jedenfalls stimmen genau. Wir wollen deshalb das Bild für uns selbst erschreckend machen. Wir hätten uns eine große hohle Glaskugel hergestellt und hätten neben sie einen stählernen Ritterhandschuh auf den Boden gelegt. Nun verschwindet der Ritterhandschuh plötzlich spurlos und liegt nach einigen Sekunden mitten in der Kugel, wobei noch außerdem aus dem ursprünglich rechten plötzlich ein linker Handschuh geworden ist. Ich denke, dabei würden sich unsere Haare, diesmal im zentrischen Bündel, sträuben. Wir” stellen dazu fest, daß im R1 schon ein Punkt unüberschreitbar ist und daß dort eine Strecke solch ein Behälter wäre. Die geschlossene Figur des R2 ist jede von Linien umgrenzte Figur. Und im R3 wird der geschlossene Körper von Flächen begrenzt. Wir schließen, daher analog, daß im R4 ein „Behälter“ von lauter Körpern begrenzt werden müßte. Wir werden noch darauf zurückkommen.
Eine andere lockende Dimensionsproblematik liegt darin, sich die Aufgabe zu stellen, irgendeinen Rn so in zwei Gebiete zu zerlegen, daß man unmöglich von einem Punkt des einen Gebietes zu einem Punkt des anderen Gebietes gelangen kann, ohne das Trennungsgebilde zu durchbrechen. Im R1 sperrt ein Punkt bereits die zwei Gebiete voneinander ab. Im R2 müßte man eine unendliche Gerade ziehen, falls der R2 euklidisch ist. Unter derselben Voraussetzung würde der R3 durch eine unendliche Ebene in zwei getrennte Gebiete geteilt werden. Stets also erfolgt die Absperrung durch ein Gebilde von Dimensionen. Nun können wir uns dabei auch mächtig täuschen. Wenn nämlich unser R1 nicht eine Gerade, sondern ein Kreis gewesen wäre, dann läuft ein punktförmiges Wesen, das an den „Sperrpunkt“ anprallte, einfach nach der entgegengesetzten Richtung davon und erscheint plötzlich auf der anderen, angeblich unzugänglichen Seite des Sperrpunktes. Oder wir hätten in einem R2, der wie ein Autopneumatik geformt ist, streng nach der Vorschrift, die unbegrenzte Sperrlinie irgendwo senkrecht zur Ringachse, um den Pneumatik herumgeführt. Ein Flächenwesen kann dann auf die verschiedensten Arten, in Kreisen oder Spiralen, auf die andere Seite der Sperrlinie gelangen. Man nennt solche Bäume die „mehrfach zusammenhängenden Räume“ und es ist für sie charakteristisch, daß man diesen Zusammenhang aus der nächsthöheren Dimension, der Dimension sofort durchschauen kann. Einen mehrfach zusammenhängenden R3 können wir uns nicht vorstellen, d. h. wir können nur behaupten, daß unsere Sperr-Fläche eigentlich eine Kugelfläche sein müßte, zumindest eine zusammenhängend gekrümmte Fläche, um die wir herumgehen könnten. Das ist aber nur höchst ungefähr. Denn wir könnten die wahre Sachlage erst vom R4 aus durchschauen. Jedenfalls müßte hiezu der R3 in einen R4 eingebettet sein. Wie aber schon mehrfach erwähnt, haben wir vorläufig keinen unmittelbaren physikalischen Anlaß, den R4 zu postulieren.
Wie wir schon mehrmals betonten, ist „unendlich“ und „unbegrenzt“ etwas Verschiedenes. Eine Kreislinie oder Kugelfläche ist für die in ihr lebenden hypothetischen Wesen unbegrenzt aber durchaus« endlich. Denn wenn in der Kreislinie ein Punkt stehen bleibt und der andere stets „geradeaus“ wandert, steht er schließlich hinter dem wartenden Punkt. Ebenso ist es auf der Kugelfläche bei einer „Weltreise“.
Im gekrümmten R3 müßten ähnliche "Dinge möglich sein. Und man hat in der neuesten Physik und Astronomie schon ernstlich erwogen, ob nicht, unter der Voraussetzung eines gekrümmten Weltraumes, zwei auf entgegengesetzten Stellen des Himmels sichtbare Spiralnebel „in Wirklichkeit“ ein und derselbe Nebel sein könnten. Auf keinen Fall ist der Begriff eines gekrümmten Raumes Rn, wobei , irgend etwas in sich Widerspruchsvolles. Bernhard Riemann hat in der schon mehrfach zitierten Habilitationsschrift vom Jahre 1854 „Die Hypothesen, welche der Geometrie zugrunde liegen“, im Anschluß an die Flächentheorie von Gauß, in aller Allgemeinheit die gekrümmten n-dimensionalen Räume erörtert. Und Frechet hat im Anschluß an die Integraltheorie von Lebesgue die Raumtheorie Riemanns sogar noch weiter Verallgemeinert, so daß vom Standpunkt der Mathematiker die ganze Angelegenheit durchaus weder mystisch noch unzugänglich ist.
Da wir aber ohne höchste Differentialgeometrie diesen Problemen nicht an den Leib rücken können, wollen wir bloß anmerken, daß die g-Linien sich jeweils dem Charakter ihrer Raumform auch in höheren Dimensionen anpassen müssen. Im euklidischen R1, R2, R3 ... Rn hat die Gerade stets denselben Charakter. Sie ist eben eine euklidische Gerade. Dasselbe müssen wir von den anderen g-Linien voraussetzen, falls die betreffenden Bäume konstantes Krümmungsmaß haben. Bei nicht konstantem Krümmungsmaß ändert sich der Charakter der g-Linien von Ort zu Ort. Stets aber bleiben sie geodätische Linien oder kürzeste Verbindungen, da dies ja ihr Wesen ist.
Es gibt also auch eine nichteuklidische Stereometrie des gekrümmten Raumes R3 bis Rn. Und es ist z. B. klar, daß reine Lagesätze, wie etwa der Satz von Euler,
Ecken plus Flächen ist gleich Kanten plus zwei.
zur absoluten Geometrie gehören, also unter gewissen Einschränkungen auch in den nichteuklidischen Geometrien gelten müssen. Nur alle Sätze, die mit dem Parallelenaxiom zusammenhängen, sind bloß der euklidischen Geometrie eigentümlich. Und auch die Maßbeziehungen sind in nichteuklidischen Geometrien andere wie in euklidischen, was man schon an der verschiedenen Winkelsumme des Dreiecks sehen kann. Ein wenig vereinfachend dürfen wir also behaupten, daß, unabhängig von der Dimension des Raumes, eine euklidische Geometrie stets dem euklidischen Parallelenpostulat folge, eine nichteuklidische dagegen nicht. Daß weiters die Winkelsumme im Dreieck in der euklidischen, in den Geometrien vom hyperbolischen oder pseudosphärischen Typus und in den Geometrien vom sphärischen oder elliptischen Typus sei. Sowohl bei als auch bei ist aber der sphärische Exzeß bzw. pseudosphärische Defekt proportional der Größe des Dreiecks relativ zum gekrümmten Raum. Daraus folgt die ungeheuer wichtige Tatsache, daß man bei schwacher Raumkrümmung, also bei Krümmungsradien , die für uns beinahe nach unendlich streben, den Exzeß bzw. Defekt erst an riesigen Dreiecken bemerken könnte. Wir sind deshalb vorläufig noch durchaus nicht imstande, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob unser Weltall eben oder gekrümmt ist. Ein R3 dagegen ist es fast sicherlich. Und auch die imaginäre vierte Zeitkoordinate bei Einstein widerspricht der Dreidimensionalität des Raumes nicht, da auch die Relativitätstheorie bloß drei Raumkoordinaten hat. Die „vierdimensionale Raumzeitwelt“ ist eigentlich bloß eine rechnerische Angelegenheit auf Grund Hamiltonscher Quaternionen, worüber wir uns aber nicht näher verbreiten können. Eine Krümmung allerdings nimmt Einstein an. Jedoch eine gleichsam unregelmäßige, von Ort zu Ort wechselnde. Deshalb sagt man auch, der Erfahrungsraum folge einer allgemeinen Riemann-Geometrie nichtkonstanter Krümmung.


Zum Abschluß dieses Kapitels wollen wir noch einen besonders merkwürdig gekrümmten R2, nämlich das sogenannte Möbius'sche Blatt demonstrieren. Ein Modell davon kann sich jeder leicht aus einem Papierstreifen anfertigen. Man dreht den Streifen an einem Ende einfach um 180° herum und klebt die Enden in dieser Lage aneinander. Wenn man nun an irgendeiner Stelle eine zum Rand parallele g-Linie. zieht, erlebt man den Spuk, daß diese Linie wieder in sich zurückkehrt, also „unbegrenzt“ ist. Schneidet man jetzt das Blatt wieder auseinander, dann hat man mit einem einzigen Linienzug beide Seiten des Blattes (der Fläche) bezeichnet. Was in einem- solchen R2 den armen Flächenwesen zustoßen würde, wollen wir zur Schonung der Nerven unserer Leser bloß andeuten. Bei einer „Weltumseglung“
Das Möbiusblatt gilt als „umsegelt“, wenn der Relsende den Ausgangspunkt auf der anderen Seite der Flache erreicht. Die Seite der Flache. ist ja für die Flächenwesen wegen der Dickelosigkeit der Flache gleichgültig.
würden sie nämlich buchstäblich und physisch in ihre Spiegelbilder überführt werden. Sie hätten also plötzlich ihr zweidimensionales Herz „am rechten Fleck“. Die zurückgebliebenen Angehörigen aber würden von den „Weltumseglern“ beim Wiedersehen für verkehrt angesehen werden und beide würden einander wechselseitig für wahnsinnig halten. In unserer Figur sehen wir, wie der „weiße Freund“ seinem zurückbleibenden „schwarzen Freund“ mit der rechten Hand einen Abschiedsgruß zuwinkt. Wie er dann nach seiner „Möbius'schen Weltreise“ nach Jahr und Tag zurückkehrt, begrüßt er den wartenden „schwarzen Freund“ nach seiner Ansicht mit derselben Hand. Der „schwarze Freund“ (und wir alle draußen im R3) halten diese Hand aber für die linke Hand, während der „weiße Freund“ uns und dem „schwarzen Freund“ beweisen will, daß wir plötzlich mit der Linken grüßen. Er hat den Ehering an derselben Hand behalten - der „schwarze Freund“ aber auch. Es ist einfach zum Tollwerden. Um uns wieder zu beruhigen, nennen wir solche Räume, wissenschaftlich korrekt, die „nichtorientierbaren“ Räume, wozu wir bemerken, daß sogar geschlossene nichtorientierbare dreidimensionale Riemann-Räume existieren, d. h. mathematisch konstruierbar sind, wobei die Bewegung nicht aus der dritten Dimension hinausführt. In solch einem Raum könnte also auch ohne vierte Dimension, bloß durch Bewegung, aus einem rechten Ritterhandschuh ein linker werden. Das Fehlen der jeweils Dimension zur Überführung der Symmetrie in Kongruenz ist hier jedoch in gewissem Sinn nur scheinbar. Denn ebenso wie das „Umklappen“ beim „Möbius'schen Blatt“ schon vorher durch die Verdrehung des ganzen R2 in sich selbst erfolgt ist, so daß der ganze R2 selbst gleichsam den R3 in Anspruch nehmen mußte, so müßte die Verwindung eines „nichtorientierbaren R3“ schon vorher im R4 erfolgen. Diese Bäume sind also sozusagen „Umklapp-Geleise“ für Figuren, die dann freilich nicht mehr die Dimension dieses Raumes verlassen müssen, da ja der ganze Raum sich schon „umgeklappt“ hat.
Wir sind aber noch nicht am Ende. Das Versprechen des Buchtitels ist auch noch nicht erfüllt. Die höchste Verallgemeinerung, den letzten Gipfelsturm, wollen wir im nächsten Kapitel versuchen.


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