Curso de alemán nivel medio con audio/Lección 176c

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Archimedes (Teil 15)


Archimedes hatte nicht geahnt, welche Fülle von Farben und Lichtern das Museion durchglühte, wenn die volle Morgensonne es traf.
Er saß mit Eratosthenes in der Wandelhalle, in der es von zahlreichen Angehörigen des Museions lebendig war. Diskutierende Gelehrte, lehrende Meister mit einem Schwarm von Schülern, sinnende Philosophen, Lesende, Schreibende, alles in buntem und doch gemessenem und lärmlosem Wirrwarr. Ärzte, die mit verbissenen Mündern rasch die Gruppen durchschritten, um zu den Kranken zu eilen. Diener, die allerlei für ihre Herren herbeischleppten. Sogar Frauen und Mädchen, die den Wissenschaften oder bloß der Neugierde oder auch der Liebe nachhingen. Es gab im Museion nur ein Gesetz. Und dieses hieß: Beförderung und Auftrieb des Geistes und der Weisheit. Das Mittel zu diesem Ziele blieb in vollster Freiheit jedem überlassen, sofern es nicht andere physisch störte.
Eratosthenes und Archimedes aßen nach der uralten Vorschrift der Pharaonen, wie Beta scherzend sagte, Milch, Weißbrot und frische Feigen.
Sie erhoben sich, als ihr Hunger gestillt war, und wiederum ging es durch zahlreiche Höfe. Diesmal jedoch bis ans Ende des Gebäudekomplexes, der die Speisesäle und Wohnstätten umfasste. Nach Durchschreiten des letzten Gebäudes lag eine breite und lose mit Bäumen bestandene Wiese vor ihnen, an deren jenseitiger Begrenzung ein langgestreckter, riesiger Bau wuchtete, der alle Weitere Sicht versperrte.
„Mein Palast“, sagte Eratosthenes lächelnd. „Es ist die einzigartige Bibliothek, der ich vorstehe.“
In Archimedes zitterte plötzlich Erregung. Gut, Bücher. Man hatte sich bisher bei den Hellenen schon manchmal um Bücher gekümmert. Hatte sie gesucht, gefunden, gekauft, besessen. War stolz, einige Schriften sein eigen zu nennen. Schon Peisistratos hatte in Athen die Gesänge Homers aufschreiben lassen, als das lebendige Gedächtnis des Volkes und die Kunst der Rhapsoden nachließ. Aber die Anhäufung allen Wissens hatte erst der unheimliche Sammler Aristoteles begonnen, hatte diesen Trieb dem großen Alexander eingepflanzt, der ihn dann den Diadochen vererbte, insbesondere den Ptolemäern, die noch dazu durch ägyptische Sitten in diesem Hang bestärkt wurden. Ist das nicht alles Angst? Greisenhafte Gier, die Klänge der Jugend zu retten? Oder aber, wie es die Alexandriner fühlen, doch ein neues, größeres, vollertönendes Instrument? Oder gar der Zusammenklang zahlloser Instrumente, der Neues, Ungehörtes offenbaren soll?
„Wir haben hier nahe an sechzigtausend Rollen“, erläuterte Eratosthenes. „Drüben im Serapistempel fast noch einmal dieselbe Anzahl. Die Ausgaben und verschiedenen Lesarten Homers allein umfassen mehr als tausend Rollen. Aber wozu Zahlen? Du wirst bald sehen.“
Auf dem Weg, der die Wiese durchschnitt, war ein eifriges Gehen und Kommen, und es wurde noch dichter, als sie in die Vorhalle des Riesengebäudes eintraten. Mächtige offene Türen ließen zu beiden Seiten eine Flucht von Sälen durchblicken, deren Boden mit grünem, spiegelndem Marmor belegt war und deren Decken ein glattes, stumpfes Weiß zeigten. Kein Bild, keine Verzierung. In der Mitte der Säle lange glatte Tische und an den Wänden Regale, auf denen in gedrängten Reihen die zylindrischen Kapseln der Papyrosrollen standen. An den Tischen standen und saßen Lesende und Schreibende, und Diener und Bibliothekare eilten um die gewünschten Kapseln, wobei sie manchmal hohe Treppen zu Hilfe nehmen mussten. „Wir sind nicht bloß Bibliothek“, sagte Eratosthenes,
„Wir sind mehr als das. Du wirst es gleich sehen. Wirst auch in den Mittelpunkt einer Riesenschlacht des Geistes geraten, in einen Umsturz der Wissenschaft, wie ihn die Welt bisher noch nicht sah. Dieses Schlachtfeld allerdings ist selbst den Gelehrten des Museions verschlossen. Aber einmal darfst du einen Blick hinter die Bühne tun.“
Und er ging auf eine verschlossene Tür zu, vor der vier Makedonier Posten standen, die beim Anblick des Leiters der Bibliothek die Flügel, militärisch grüßend, öffneten, sie jedoch gleich wieder unerbittlich hinter den beiden schlossen. Durch einige Korridore gelangten sie in eine neue Flucht von Sälen, in denen es von Arbeit geradezu summte und schwirrte. Viele Hunderte von Schreibern pinselten mit unwahrscheinlicher Geschicklichkeit nach Vorlagen Zeile um Zeile, Kolumne auf Kolumne, und stets neue Stapel von Papyrosrollen wurden hereingeschafft. Die fertigen Schriften aber wanderten sofort in Werkstätten in denen die Begrenzungsstäbe der Rollen gedrechselt, mit Knöpfen versehen und an die Enden der Rollen geklebt Wurden. Vergolder verzierten Knöpfe und Stäbe und versahen auch die Behälter, die wieder in anderen Werkstätten geschaffen Wurden, mit Aufschriften.
Einige Beamte der Werkstätten kamen auf Eratosthenes zu. Der eine trug ein Bündel von milchweißen harten Blättern, ein anderer hatte einige beschriebene Blätter in der Hand. Alle aber waren im höchsten Maße erregt.
„Das Rätsel von Pergamon ist gelöst“, sagte der erste Beamte und warf die Blätter auf einen Tisch, dass es hörbar klatschte.
„Sieh nur, großer Beta, sie beschreiben die Blätter auf beiden Seiten und heften sie aneinander. Der Stoff ist vollkommen undurchsichtig. Und verträgt Feuchtigkeit, Fett und Biegung.“
Eratosthenes nahm eines der Blätter prüfend in die Hand. Dann sagte er zu Archimedes:
„Unser König hörte, dass Eumenes von Pergamon die Absicht habe, unser Museion und unsere Bibliothek nachzuahmen. Philadelphos ist nicht neidisch, aber er fürchtete, dass eine Zersplitterung manche Gelehrte abziehen könnte und dadurch gerade den Grundgedanken und die größte Stärke des Museions, die Zusammenballung aller Geisteskräfte der Erde, vernichten würde. Da nur wir hier in Ägypten nennenswerte Mengen von Papyros haben, erließ er ein Ausfuhrverbot. Wir hörten lange nichts von Pergamon. Bis endlich die Kunde kam, der Attalide ließe besseren, dauerhafteren und schöneren Schreibstofi aus Tierhäuten herstellen und habe dadurch sogar dem Buch, ja sogar der Bibliothek, eine neue Form geschaffen, da das neue pergamenische Buch viel weniger Raum beanspruche. Hier der Beweis. Ich schenke dir zwei solche pergamenische Blätter, Archimedes.“ Und er reichte dem Archimedes zwei Tafeln, die an den Rändern wellig gezackt waren, deren Fläche jedoch beinahe glasige Glätte aufwies. „Gleichwohl fürchte ich nicht für unser Museion. So schnell wird Eumenes nicht mehr als hunderttausend Bücher auf diesem teuren Stoff herstellen. Wir haben mehr als hundert Jahre Vorsprung.“
Archimedes bog die Blätter und betrachtete sie voll von Erstaunen. Dabei aber durchzuckte ihn ein Gedanke, der sich weitete und ihn zunehmend erregte, so dass er den Gang durch die Bibliothek selbst zwar als Ereignis empfand, dem einzelnen jedoch nicht mehr die gleiche Aufmerksamkeit schenkte wie vorher. Dies änderte sich jedoch sofort, als sie zu den Schriften der Mathematiker gelangten.