Curso de alemán nivel medio con audio/Lección 242c

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Vom Punkt zur vierten Dimension. Geometrie für Jedermann.

42[editar]

Zweiundvierzigstes Kapitel
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Sphärische Trigonometrie
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Nun steigen wir zur eigentlichen sphärischen Trigonometrie auf, zur Dreiecksmessung auf der Kugeloberfläche, die das letzte Gebiet der elementaren Geometrie ist, das wir zu behandeln haben. Wenn wir auch vorhin äußerten, ihre Wichtigkeit trete rein theoretisch gegen die Wichtigkeit zurück, die für uns die Geometrie auf der Kugel als Einfallspforte zur nichteuklidischen Geometrie besitze, so müssen diese Worte richtig verstanden werden. Denn ohne sphärische Trigonometrie, die ja das ganz unentbehrliche tägliche und stündliche Handwerkszeug des Geodäten und Astronomen ist, würden wir nicht einmal erfahren, wieviel Uhr es ist. Aber noch einmal: Vom Standpunkt der Weiterentwicklung der Geometrie zu großartigster Verallgemeinerung, vom Standpunkt der „Revolution der Geometrie“, die uns aufklärte, daß es nicht nur eine gleichsam gottgegebene, sondern daß es unzählige ebenso gottgegebene andere Geometrien geben kann und wirklich gibt; von diesem Standpunkt betrachtet, ist unser nichteuklidischer Exkurs wichtiger, und aufschlußreicher gewesen.
Wir sprachen vom sphärischen Dreieck. Ein solches ist, wie schon erwähnt, von drei g-Linien (Größtkreisen) begrenzt. Und nur von solchen. Es ist eine projektive Entsprechung des ebenen Dreiecks auf der Kugeloberfläche, was man durch Schnitt eines gewöhnlichen Dreikants mit der Kugeloberfläche augenfällig machen kann. Es ist also gleichsam die gewölbte, kugelige Grundfläche einer dreiseitigen Pyramide, deren Spitze im Kugelmittelpunkt liegt. Und es gelten sämtliche rein projektiven Sätze über ein geschnittenes Dreikant auch für das Kugeldreieck. So sind etwa die „merkwürdigen Punkte“ auch beim sphärischen Dreieck vorhanden, ebenso die harmonischen Eigenschaften. Nur all das, was mit dem Parallelenpostulat zusammenhängt, vor allem die Winkelsumme von 180 Graden, gilt beim Kugel-Dreieck nicht. Hier muß die Winkelsumme stets größer sein als 180 Grade. Und man nennt den Überschuß der Winkelsumme, der durch die Krümmung der Kugel bedingt ist, den sphärischen Exzeß (), den wir noch genauestens untersuchen werden. Wir haben schon gesagt, daß die „Seiten“ des Kugeldreiecks mit , , bezeichnet werden und daß ihre Länge in Bogengraden des zugehörigen Kugel-Zentriwinkels gemessen wird, wodurch jede Aufgabe der sphärischen Trigonometrie unabhängig wird vorn Kugelradius, was besonders für die Astronomie bedeutsam ist. Natürlich kann der Kugelradius jederzeit „eingeführt“ werden. Von vornherein aber wird er von uns vollkommen ignoriert. Als „Winkel“ des sphärischen Dreiecks dagegen betrachten wir die Winkel , , , die in den drei Eckpunkten des sphärischen Dreiecks aus den beiden, dort zum Schnitt kommenden Tangenten der beiden sich schneidenden Größtkreisbogen gebildet werden.
Es sei hier nur angemerkt, daß es entsprechend der Planimetrie, und der ebenen Trigonometrie auch sphärische n-Ecke mit beliebiger Seitenanzahl () gibt. Diese können, der ebenen Geometrie projektiv entsprechend, stets in sphärische Dreiecke (und außerdem hier auch eventuell in Zweiecke) zerlegt werden. Auch diese n-Ecke kann man sich als Schnitte der Kugeloberfläche mit einem entsprechenden n-Kant vorstellen, dessen Scheitel Kugelmittelpunkt liegt. Und auch hier gelten alle projektiven (Lage)-Sätze über n-Kante in entsprechender Übertragung für solche sphärische n-Ecke.
Bei dieser Sachlage wird es für uns sehr aufschlußreich sein, uns die wichtigsten Sätze über körperliche Ecken (n-Kante), speziell über dreiseitige Kante, ins Gedächtnis zu rufen beziehungsweise diese Sätze hier zu ergänzen.
1. Vor allem stellen wir fest, daß die Summe der „Seiten“ eines n-Kantes, die man mit bezeichnen kann, zwischen 0 und 360 Graden liegen muß. Banal ausgedrückt, handelt es sich hier um das Aufspannen eines chinesischen Sonnenschirmes, der aus Dreiecken zusammengesetzt ist. Habe ich ihn soweit aufgespannt, daß er einen ebenen Kreis bildet, dann ist oder die „Seiten“-Summe 360 Grade und das „Kant“ ist verschwunden. Es ist in eine Ebene Übergegangen. Man sagt auch, es sei dies der Grenzfall, bei dem das Bündel in das Büschel übergeht. Auf Grund dieses Satzes kann also die „Seiten“summe eines sphärischen Polygons (damit natürlich auch des sphärischen Dreiecks) nie größer sein als 360°. Sie muß im Gegenteil stets kleiner sein.
2. Eine sehr wichtige Überlegung führt uns zum Begriff der Ergänzungs-, Supplementär- und Polarecke bzw. -Kant. Wenn wir uns nämlich vorstellen, daß von irgend einem beliebigen Punkt innerhalb eines n-Kantes (Ecke) die Lote auf die Seitenflächen des Kants gefällt werden, dann entsteht eine zweite Ecke derselben Kantenanzahl. Es sind ja beim ursprünglichen Kant n Seitenflächen und n-Kanten vorhanden, auf die jetzt n Lote als Kanten des Ergänzungskants gefällt wurden und naturgemäß wieder n Flächen bilden. Der Einfachheit halber zeigen wir im Bilde ein Dreikant mit einer Ergänzungsecke.


Es entstehen durch die Erlgänzungsecke Vierecke, in denen der eine Winkel der Neigungswinkel der Flächen des ursprünglichen Kants, der zweite Winkel der „Seiten“-Winkel des Ergänzungskants ist, während die zwei weiteren Winkel an den Loten sind. Durch diese Beziehung ist es klar, daß der „Winkel“ des ursprünglichen Kants und die entsprechende „Seite“ des Ergänzungskants zusammen 180 Grade betragen müssen, da das Viereck ja die Winkelsumme von 360 Graden hat, wovon 180 Grade bereits für die beiden Lot-Winkel verbraucht sind. Da nun umgekehrt auch die Kanten des ursprünglichen n-Kants auf den Seitenflächen des Ergänzungskants senkrecht stehen, was leicht zu beweisen ist, so gilt dieselbe Beziehung auch umgekehrt, und es sind sonach, wenn wir allgemein die „Seiten“ der beiden Kante mit und , und die Flächen-Neigungswinkel mit und bezeichnen, stets und . Und weiters und . Wenn man nun die Ergänzungsecke parallel so weit gleichsam durch die ursprüngliche Ecke schiebt, daß sie jetzt die Spitze mit der ursprünglichen Ecke gemeinsam hat, während sich ihre Kanten nach der entgegengesetzten Seite öffnen, dann nennt man eine solche Ecke eine Polar-Ecke der ursprünglichen. Natürlich übertragen sich alle die angeführten Verhältnisse auch auf sphärische Dreiecke und man spricht von Polar-Dreiecken, wenn es sich um zwei sphärische Dreiecke derselben Kugel über Polar-Kanten handelt. In diesem Fall sind die Winkel („Seiten“) eines sphärischen n-Ecks Supplemente zu den entsprechenden „Seiten“ (Winkeln) des sphärischen Polar-n-Ecks.
3. Aus diesen zwei Sätzen und dem weiteren allgemeinen Kantsatz, daß die Summe der Neigungswinkel in einem n-Kant stets zwischen und liegen muß, gewinnen wir allgemeine Anhaltspunkte über die Grenzen, innerhalb derer sich die Winkelsumme eines sphärischen n-Ecks bewegen kann.
Da nämlich , so ist . Da aber weiters nach dem ersten Satz , stets kleiner sein muß als 360°, so ist auf jeden Fall größer als und weiters auf jeden Fall kleiner als . Es besteht also die Ungleichung . Für , also für das sphärische Dreieck, ergibt sich daraus , oder da hier gleich ist , die Beziehung , was nach der Ausrechnung liefert. Die Winkelsumme im sphärischen Dreieck muß also stets größer sein als 180° und stets kleiner als 540°. Allerdings sind hiebei nur sphärische Dreiecke in Betracht gezogen, die nicht über die Halbkugel hinausragen, da ja auch die den Dreiecken entsprechenden Kanten nur bis zur Ebene (Büschel) geöffnet werden dürfen.
4. In jedem Dreikant und in jedem sphärischen Dreieck:
a) liegen gleichen Winkeln gleiche „Seiten“ gegenüber und umgekehrt,
b) liegt dem größeren Winkel die größere „Seite“ gegenüber und umgekehrt,
c) ist die Summe zweier „Seiten“ größer als die dritte.
5. Zwei Dreikante oder zwei sphärische Dreiecke sind einander kongruent oder spiegelbildlich symmetrisch, wenn bei ihnen gleich sind:
a) zwei „Seiten“ und der eingeschlossene Winkel,
b) eine „Seite“ und zwei anliegende Winkel,
c) alle drei „Seiten“,
d) alle drei Winkel,
e) zwei „Seiten“ und der Gegenwinkel einer der beiden Seiten. (Dabei muß aber, um Eindeutigkeit zu erzielen, stets der der anderen Seite gegenüberliegende Winkel in beiden sphärischen Dreiecken bzw. Dreikanten zugleich entweder unter 90° liegen, in beiden zugleich 90° betragen oder zugleich 90° übertreffen),
f) zwei Winkel und die einem dieser Winkel gegenüberliegende „Seite“ (wobei wieder die dem anderen Winkel gegenüberliegende „Seite“ zugleich in beiden Dreiecken bzw. Dreikanten sein muß).
Zu diesen Kongruenzsätzen ist zu bemerken, daß sie gleichsam. Kongruenz-r und Symmetriesätze zugleich sind, da das sphärische Dreieck als einseitig gekrümmter Abschluß eines Dreikants stereometrische Eigenschaften erhält und im euklidischen R3 nicht umgeklappt werden kann. Nur bei gleichseitigen oder gleichschenkligen Dreikanten bzw. derartigen sphärischen Dreiecken zieht die Symmetrie die Kongruenz nach sich und umgekehrt. Weiters fanden wir hier im Gegensatz zur ebenen Geometrie einen WWW-Satz als Kongruenzsatz. Projektiv ist dieser Übergang des Fundamentalsatzes der Ähnlichkeit in einen Kongruenzsatz leicht einzusehen. Während nämlich das Dreikant durch Ebenen an jeder Stelle geschnitten werden kann und dadurch als Schnittfiguren nur ähnliche Dreiecke liefert, setzen wir hier stets eine und dieselbe Kugel (allerdings mit vorläufig unbestimmtem, gleichwohl aber identischem Radius) voraus. Dadurch wird Ähnlichkeit ebenso zur Kongruenz, als ob wir den ebenen Schnitt auch nur an einer homologen Stelle zweier kongruenter Dreikante erlaubt hätten.
6. Daß es im Dreikant gleichsam „merkwürdige Gerade“ gibt, die sich beim ebenen und beim sphärischen Dreieck als „merkwürdige Punkte“ manifestieren, wurde schon erwähnt. Demgemäß gibt es auch beim Dreikant einbeschriebene und umbeschriebene Kegel und beim sphärischen Dreieck einen In-Kreis und einen Um-Kreis. Ersterer hat seinen Mittelpunkt (wie beim ebenen Dreieck) im Schnittpunkt der Winkelhalbierenden, letzterer im Schnittpunkt der aus den Mittellotebenen des Dreikants gewonnenen „Seiten“halbierenden.
Wir haben nun genügend Kenntnisse in der Sphärik gesammelt, um zur eigentlichen sphärischen Trigonometrie überzugehen, von der wir allerdings nur die ersten Grundzüge geben können, da diese Kunst zwar an sich nicht so schwer, jedoch rechnerisch höchst kompliziert ist. Interessenten finden in jedem beliebigen Lehrbuch erschöpfende Aufschlüsse, die sie sich leicht aneignen können, wenn ihnen nur einmal die vorstellungsmäßig schwierigen Grundbegriffe der Sphärik klar sind.
Zum Beginn definieren wir als „sphärischen Exzeß“ eines sphärischen Dreiecks den Überschuß seiner Winkelsumme über die Winkelsumme eines ebenen Dreiecks, also über 180°. Oder in einer Formel: .


Wir werden nun in einer sehr eleganten Art nähere Aufschlüsse über das Wesen dieses Exzesses zu gewinnen trachten. Dazu zeichnen wir uns die nebenstehende Figur.
Die (euklidischen) Geraden AA', BB' und CC' sind drei beliebige Durchmesser der Kugel. Das aus den drei Punkten A, B und C gebildete sphärische Dreieck ABC. läßt sich nun wie jedes sphärische Dreieck durch Verlängerung je zweier Seiten in drei Arten zu einem sphärischen Zweieck ergänzen. Und zwar zu Zweiecken mit den , , und . Da wir schon wissen, wie der Inhalt sphärischer Zweiecke berechnet wird, dürfen wir folgende Gleichungen ansetzen, wobei wir den Buchstaben I allgemein für den Inhalt des sphärischen Dreiecks schreiben, dessen Eckpunkte als Index neben I gesetzt sind:


Die dritte Gleichung dürften wir auch schreiben:
,
da das sphärische Dreieck ABC', wie aus der Figur zu ersehen ist, kongruent bzw. symmetrisch gleich sein mußt dem sphärischen Dreieck A'B'C, da es auf derselben Kugeloberfläche über dem Scheiteldreikant M(A'B'C) des Dreikants M(ABC') steht. Wenn wir nun unsere drei Gleichungen (die dritte in der zweiten Fassung) addieren, so erhalten wir


.


Der Ausdruck in der eckigen Klammer ist aber, wie man ebenfalls aus der Figur deutlich ersehen kann, der Halbkugelfläche, also , gleich, so daß nach Addition der beiden die Gleichung lautet:
oder, dividiert durch 2 und umgeformt:
Wenn wir jetzt den Zähler des Bruches genauer ansehen, so erkennen wir, daß er „nichts anderes ist als der sphärische Exzeß für unsere drei Winkel , und oder für das sphärische Dreieck ABC. Wir dürfen also jetzt schreiben , woraus sich ergibt, daß bei gegebenem Radius der sphärische Exzeß gerade proportional ist dem Flächeninhalt des sphärischen Dreiecks. Denn bei gleichem Radius müssen sich stets verhalten
das heißt, der Exzeß wächst mit dem Flächeninhalt des sphärischen Dreiecks. Jetzt erst verstehen wir voll und ganz, warum Gauß ein möglichst großes Dreieck auf seine Winkelsumme zu prüfen suchte. Und zwar natürlich ein scheinbar ebenes Dreieck, denn es handelte sich bei seinem Versuch nicht um Geometrie auf der Erdkugel, sondern um die Probe, ob wir in einem ebenen oder einem gekrümmten Raum R3 leben.
Wir haben aber durch unsere Formel auch ein Inhaltsmaß sphärischer Dreiecke bei gegebenen Winkeln gewonnen. Bei gegebenen Winkeln muß der Exzeß natürlich nicht abgesondert berechnet werden, da er sich ja in der Formel selbst durch Einsetzen der drei Winkelgrößen ergibt. Anderseits gewinnt man den Exzeß leicht, wenn man den Inhalt des sphärischen Dreiecks und den Kugelradius kennt. Denn da , so ist , woraus man ersieht, daß etwa bei einem sphärischen Dreieck, das also ein Viertel der Kugelfläche groß ist, der Exzeß 180° beträgt, während er bei einem (überhalbkugelgroßen !) Dreieck des Inhaltes den Wert 540° hätte. Für den Inhalt Null wird gleichfalls Null, was besagt, daß der Punkt oder ein punktkleines sphärisches Dreieck keinen Exzeß hat, daß also der Punkt gleichsam eben Wird, was die Auffassung der Kugel als Polyeder von unendlich vielen Seitenflächen in sinnfälliger Weise unterstützt. Für , also für ein sphärisches Dreieck, das kleiner ist als die Halbkugel (wie wir dies ja im allgemeinen stets fordern), erhalten wir oder oder oder . Das heißt, der sphärische Exzeß eines gewöhnlichen unterhalbkugelgroßen sphärischen Dreiecks ist kleiner als 360°, weshalb seine Gesamtwinkelsumme gemäß genau , also weniger als , somit weniger als 540° betragen muß, was sich in voller Übereinstimmung mit dem Wert befindet, den wir aus dem Satz über das Polarkant und den anderen Kantsätzen ableiteten.
Fragen wir nun allgemein nach dem sphärischen Exzeß eines sphärischen n-Ecks, dann müssen wir das n-Eck, wie wir es in der Planimetrie gewohnt waren, in n sphärische Dreiecke zerlegen. Doch dürfen wir nicht einfach die Exzesse aller dieser Zerlegungsdreiecke addieren, da wir die Zerlegung so vornahmen; daß unsere Dreiecke je zwei Eckpunkte mit dem n-Eck gemeinsam haben, während der dritte Eckpunkt im Innern des n-Ecks liegt., Das heißt nichts anderes, als daß unser sphärisches n-Eck durch Halbstrahlen, die von einem Punkt im Innern des n-Ecks ausgehen und bis zu den Eckpunkten des n-Ecks gezogen sind, in n sphärische Dreiecke zerlegt ist. Nun hat jedes dieser n sphärischen Dreiecke, wie wir schon wissen, den Inhalt , weshalb der Flächeninhalt des n-Ecks in
.
Die Summe aller oder sphärischen Exzesse der n-Dreiecke ist aber
,
was nach den Regeln des Summationsbefehls auch geschrieben werden darf
.
Wenn wir jetzt weiters festsetzen, daß die Vieleckswinkel stets bloß aus und zusammengesetzt sind, während alle um den inneren Punkt, in dem sich die Halbstrahlen schneiden, herumliegen, dann wird
zu
wobei irgend einen Vieleckswinkel bedeutet. Die dagegen muß 360° betragen. Der Gesamtexzeß des sphärischen n-Ecks, den wir nannten, beträgt somit
oder
.
Da nun der Inhalt des Vielecks
,
so kann er jetzt geschrieben werden als
,
wobei man das nach Anleitung obiger Formel dadurch gewinnt, daß man sämtlich n-Ecks-Winkel addiert und von ihnen subtrahiert. Es zeigt sich nun auch beim sphärischen n-Eck, daß der sphärische Exzeß nichts ist als der Unterschied in der Winkelsumme eines sphärischen und eines ebenen n-Ecks, welch letzteres, wie wir wissen, die Winkelsumme hat. Weiter aber ersieht man, daß auch beim sphärischen n-Eck der Exzeß mit dem Flächeninhalt direkt proportional ist, das heißt, daß er bei wachsendem Flächeninhalt auf ein und derselben Kugel wächst.
Nun wollen wir dazu übergehen, für die sphärische Trigonometrie Formeln abzuleiten, die es entsprechend der ebenen Trigonometrie gestatten, aus gegebenen Winkeln und „Seiten“ gesuchte Winkel und „Seiten“ zu berechnen. Wie in der Ebene ist auch auf der Kugel das rechtwinklige Dreieck unser Ausgangsproblem. Nur wissen wir noch nicht recht, was man auf der Kugel als rechtwinkliges sphärisches Dreieck bezeichnen soll. Es gibt nämlich sphärische Dreiecke mit einem, mit zwei und mit drei rechten Winkeln. Letzteres ist etwa der Kugel-Oktant, also ein Dreieck, das ein Achtel der Kugeloberfläche bedeckt. Demgemäß ist seine Fläche und sein sphärischer Exzeß .
Daher ist die Summe der Winkel dieses sphärischen Dreiecks , was zu beweisen war.
Nach unserer früheren Formel
erhalten wir
,
was unsere Behauptung bestätigt. Was also ist auf der Kugel ein rechtwinkliges Dreieck? Wir verraten es ohne lange Umschweife: Ein rechtwinkliges sphärisches Dreieck liegt dann vor, wenn mindestens einer der Winkel ein rechter ist. Hat das Dreieck außerdem noch einen zweiten oder dritten rechten Winkel, dann ändert dies nichts an seinen Eigenschaften, und. ich betrachte sodann die allfälligen anderen rechten Winkel als gewöhnliche Winkel. Wir verraten weiters vorgreifend, daß die Trigonometrie des rechtwinkligen sphärischen Dreiecks sechs Grundgleichungen kennt, von denen wir jedoch nur die erste ableiten werden. Alle anderen Grundgleichungen und deren Varianten werden wir aus den sogenannten Napier'schen (oder Neper'schen) Regeln leicht und sicher gewinnen können. Sir John Napier (Neper), der auch als angeblicher Entdecker des natürlichen Logarithmus (daher „Nepersche Logarithmen“) berühmt wurde, war ein englischer Astronom und Mathematiker des XVI. Jahrhunderts. Die von uns angekündigte Ableitung stützt sich auf Sätze über das Dreikant und auf die Grundformeln der ebenen Trigonometrie, die uns schon geläufig sind.


In unserem sphärischen Dreieck ABC mit den „Seiten“ , , , und den Winkeln , , , ist der Winkel der rechte Winkel und sonach die Seite die sphärische Hypotenuse. M ist der Mittelpunkt der Kugel. Wenn wir nun aus Punkt B auf die Dreikantkanten MC und MA Lote fällen und „deren Schnittpunkte mit den Kanten miteinander verbinden, dann muß BE auch senkrecht auf ED stehen, da die Ebenen MBC und MCA aufeinander senkrecht stehen (weil ja einrechter Winkel ist und weil bei zueinander senkrechten Ebenen das Lot auf die Schnittlinie dieser Ebenen auch ein Lot zur zweiten Ebene (MAC) sein muß). Weiters steht auch DE auf MA senkrecht, da ein aus dem Fußpunkt einer geneigten Linie (DB) in der Ebene (MAC) gezogener Strahl (AM), der mit der geneigten Linie einen rechten Winkel bildet () auch auf der Projektion (DE) dieser geneigten Linie senkrecht stehen muß (). Daher bilden BD und DE den Neigungswinkel der beiden Ebenen ABM und ACM, was nichts anderes bedeutet, als daß dieser Neigungswinkel der beiden Dreikantflächen mit dem sphärischen Winkel gleich sein muß.
Nun haben wir ein ebenes Dreieck BDE, das durch mehrere Beziehungen sowohl mit dem sphärischen Dreieck als mit dem Dreikant zusammenhängt. Wir beherrschen dadurch also? sowohl die Winkel als auch die „Seiten“ des Kugel-Dreiecks und können sie auf Formeln der ebenen Trigonometrie zurückführen. Zuerst gilt im Dreieck MBE die Beziehung , dann im Dreieck MED die Beziehung , daher auch . Da aber im Dreieck MBD wohl , so ergibt sich aus der Gleichsetzung der beiden Werte für MD die Gleichung oder nach Division durch MB die erste grundlegende Beziehung der „Seiten“ im rechtwinkligen Kugel-Dreieck:
1.) , wobei die „Hypotenuse“ ist.
Die aus derselben Figur in ähnlicher Weise zu gewinnenden anderen Grundgleichungen lauten:
2.) ;
3.) ;
4.) ;
5.) ;
6.) .
Durch Vertauschung der Katheten ergeben sich weiters
2')
3'.) ;
4'.) ;
5'.) ;
Nun hat Napier (Neper) eine Regel angegeben, aus der man alle diese Formeln rein mechanisch gewinnen kann. Sie wird auch die Napier'sche Fünfeckregel genannt und hängt aufs engste mit dem Gaußsehen „Pentagramma myrificum“ oder dem wundertätigen Kugel-Sternfünfeck von C. F.  Gauß zusammen, bezüglich dessen wir strebsame Leser auf das schon mehrfach zitierte Buch von Hans Mohrmann verweisen (Hans Mohrmann: Einführung in die Nicht-Euklidische Geometrie). Wir selbst geben die Regel in einer logisch und mathematisch weniger befriedigenden, jedoch einfacheren Art und bitten für die Richtigkeit des Vorgetragenen um Kredit.


Wenn wir also ein Fünfeck (es können auch fünf Punkte auf einem Kreise oder schlechthin fünf Punkte sein, von denen niemals mehr als zwei in einer Geraden liegen) in der Art der nebenstehenden Figur beschriften, dann gelten folgende Beziehungen:
Beginne ich bei einem beliebigen Eckpunkt unseres Fünfecks in beliebiger Richtung zu numerieren, dann ist stets . Hätten wir also etwa, wie in der Figur, bei zu numerieren begonnen und rücken im Gegensinne des Uhrzeigers weiter, dann ergibt sich sofort oder umgeformt nach unserer trigonometrischen Verwandlungstabelle , was wir ja als Gleichung 1) ableiteten.
ist aber auch gleich , was wir wieder als Grundgleichung 6) behaupteten. Wir sind durch unser Napier'sches Diagramm also stets imstande, aus zwei gegebenen Stücken eines rechtwinkligen sphärischen Dreiecks die anderen Stücke zu berechnen. Dies wollen wir sofort an einem praktischen Beispiel zeigen.


Ein Schiff fährt vom Kap Lizard mit einem Azimuth von 33° 45' auf der kürzesten Linie, also auf einem Größtkreis der Erdkugel gegen den Äquator. Es wird gefragt, in welcher geographischen Länge, unter welchem Winkel und nach wie langer Fahrt es den Äquator überqueren wird? Dazu wird angemerkt, daß der Azimuth-Winkelwstets von Süd (0°) über West (90°) und Nord (180°) nach Ost (270°) gezahlt wird. Das Kap Lizard liegt auf 49° 58' nördlicher Breite und 5° 12' westlicher Länge von Greenwich.
Um zu wissen, wo unser Schiff den Äquator überquert, müssen wir berechnen, worauf wir dann durch Addition von und der „Länge“ von Kap Lizard die „Länge“ des Durchschnittspunktes A erhalten. In unserem sphärischen Dreieck haben wir die Seite a (geographische Breite) und den Winkel (Azimuth) gegeben. Wir verwenden hier die Grundgleichung 4'), die lautet. Daraus gewinnt man
, also
und als 27° 5' 39". Da das Schiff den Äquator also 27° 5' 39" westlich von Kap Lizard quert, trifft es den Äquator 32° 17' 39" westlich von Greenwich. Um den Winkel zu finden, unter dem das Schiff den Äquator ansteuert, müssen wir in unserem Dreieck wieder die Breite und den Azimuth als gegeben betrachten. Wir verwenden die Grundgleichung 5), die lautet und erhalten
,
woraus sich als Winkel von 69° 3' 42" ergibt.
Bei allen diesen Berechnungen wird unterstellt, daß sämtliche Winkelmaße genau und vollständig waren, auch dort, wo nur Minuten aufscheinen.
Wenn wir endlich den Weg suchen, den das Schiff von Kap Lizard bis zum Äquator zurückgelegt hat, so haben wir und gegeben und gesucht. Wir verwenden die Grundgleichung 3'), die lautet, und gewinnen als Quotienten von und .
Also ist und
,
wodurch sich im Winkelmaß als 55° 3' 53" ergibt. Da nun eine Seemeile gleich ist einer Minute eines Erdmeridians (1851,85 m) und da andere Größtkreise auf der Erdkugel (wie der von uns gesuchte Weg des Schiffes) trotz der Erdabplattung dem Meridian praktisch gleichgehalten werden dürfen, so erhalten wir für unser Winkelmaß den guten Näherungswert von 3.303,9 Seemeilen für den Weg (oder 6118,3 km).
Zum Gebrauch der Napier'schen Regel sei noch angefügt, daß man, wenn man sie direkt anwenden will, folgendermaßen vorzugehen hat: Da stets zwei Stücke gegeben sind und ein Stück gesucht wird, müssen immer zwei benachbarte Fünfeckpunkte mit gegebenen oder gesuchten Stücken besetzt sein. Man unterscheidet nicht zwischen „gegeben“ und „gesucht“, sondern bezeichnet jenen besetzten Punkt mit III, der zwischen zwei anderen besetzten Punkten liegt oder diesen zwei besetzten Punkten gegenüberliegt. Weiters kommen und nur als und vor. Dadurch wird aus sin stets cos, aus cos der sin und aus cot der tg.


Aus der nebenstehenden Figur sieht man sofort, daß für unsere drei Stücke (die „besetzten“ Punkte tragen schwarze Scheibchen) stets eine der beiden Formeln oder
zu gewinnen sein muß, die bei zwei gegebenen Stücken als Gleichung mit “einer Unbekannten immer sofort aufgelöst, werden kann, wozu noch kommt, daß sich alle diese Formeln für die Logarithmierung einwandfrei eignen. Die Winkelfunktionen von und ersetzt man in schon erwähnter Art durch die Gegenfunktionen. Der sechste Bestandteil des rechtwinkligen sphärischen Dreiecks, der Winkel oder der rechte Winkel, erscheint nicht in den Formeln, weil er stets als gegeben vorausgesetzt wird; analog, wie dies in der ebenen Trigonometrie gehandhabt wird. Hätten wir also die „Hypotenuse“ und die Seite gegeben und suchten wir den Winkel , dann hätten wir den Fall vor uns, wie er in der zweiten Zeichnung der obigen Figur vorliegt. Wir bezeichnen also die Ecke mit III, woraus sich die Ecken und nach beiden Seiten als I und V ergeben müssen. Wir schreiben sofort oder und erhalten den gesuchten . Nach unserer Bezeichnung verwendeten wir also die Grundgleichung 2'.
Wir haben leider nicht den Raum, nunmehr auch die Sätze für schiefwinklige sphärische Dreiecke abzuleiten. Damit der Leser aber innerhalb dieses Buches eine gewisse Vollständigkeit vorfindet, werden wir die Formeln wenigstens notieren. Es sei bemerkt, daß sie beiläufig den Formeln der ebenen Trigonometrie für schiefwinklige Dreiecke entsprechen und ebenso wie diese aus den Formeln für rechtwinklige (hier natürlich sphärische) Dreiecke gewonnen werden.
Es gibt vier grundlegende Gleichungen für schiefwinklige sphärische Dreiecke, da je vier Bestandteile eines sphärischen Dreiecks nur auf folgende Arten zu einer Formel vereinigt werden können:
1. Zwei „Seiten“ und zwei gegenüberliegende Winkel. Dies leistet der sogenannte Sinussatz der Sphärik. Er lautet in der einfachsten Form
oder erweitert
oder
.
Dieses M heißt „Modul“ des sphärischen Dreiecks.
2. Zwei „Seiten“, den von ihnen eingeschlossenen und den gegenüberliegenden Winkel. Diese Gleichung lautet
und kann durch Vertauschung der Stücke noch auf fünf andere Arten geschrieben werden. Etwa
usw.
3. Zwischen drei „Seiten“ und einem Winkel gilt der sogenannte Cosinussatz der „Seiten“. Er hat drei Arten der Schreibung, und zwar
oder
oder
.
4. Zwischen einer Seite und den drei Winkeln besteht der „Cosinussatz der Winkel“ ebenfalls in drei Formen:
oder
oder
.
Wir hätten bloß noch beizufügen, daß für den sphärischen Exzeß nach den Formeln von Delambre, fälschlich auch Gauß'sche Formeln genannt, die sogenannte L'Hulier'sche Gleichung besteht, die es gestattet, den Exzeß aus den drei „Seiten“ zu berechnen. Wenn man unter s die halbe Summe der drei Seiten versteht, wenn also
, dann ist der Exzeß
bzw. .
Dabei ist nur der positive Wert der Wurzel zu berücksichtigen. Außerdem existiert noch eine Gleichung, nach der man den Exzeß aus zwei „Seiten“ und einem Winkel berechnen kann. Wieder gewinnt man vorweg nur den Tangens des Exzesses.
Die Formel hat die Form
Wir wollen aber jetzt nicht mehr weiter in das Formeldickicht der sphärischen Trigonometrie eindringen, das zum großen Teil geschaffen wurde, um die Formeln bequem logarithmieren zu können. Übrigens hat Gauß für solche Zwecke einen eigenen Typus von Logarithmen, die sogenannten Gauß'schen oder Additionslogarithmen geschaffen, die in größeren logarithmischen Tafelwerken enthalten sind und eigens der Behandlung sphärischer Formeln dienen.
Hiemit schließen wir eigentlich unsere Studien über die Elementargeometrie ab. Wir wollen nur, um Mißverständnissen vorzubeugen, noch anmerken, daß für die Vermessung kleinerer Stücke der Erdoberfläche (Grundstücke, Wälder, Teiche usw.) durchaus nicht die sphärische Trigonometrie in Anwendung kommt, sondern die ebene, da ja der Exzeß praktisch unmerkbar ist. Die Nautik (Schiffahrtskunde) dagegen verwendet, ebenso wie die Astronomie, vorwiegend die sphärische Trigonometrie. Ein Übergang zwischen beiden Arten von Trigonometrie ist dann gegeben, wenn der Radius der Kugel praktisch oder theoretisch gleich unendlich wird. Dann werden sämtliche Kanten des „Dreikants“ parallel und die Krümmung der Kugel wird gleich Null. Die Kugeloberfläche wird eine Ebene und die Größtkreise werden euklidische Gerade, die sich erst im unendlich fernen Punkte schneiden können, falls sie irgendwo parallel sind. Die Winkel des Dreiecks müssen jetzt auch zusammen 180° als Summe ergeben, da jeder sphärische Exzeß verschwindet. Wenn dagegen der Kugelradius unendlich klein wird, schrumpfen dadurch die Kugel und damit jedes sphärische Dreieck zu einem Punkt zusammen.
Wir betonen noch einmal, daß die Größe des sphärischen Exzesses einer von g-Linien begrenzten sphärischen Figur niemals von der absoluten Größe dieser Figur abhängt, sondern lediglich von ihrer relativen Größe im Verhältnis zur Kugeloberfläche. Ein winziges sphärisches n-Eck auf einer winzigen Kugel hat unter Umständen einen riesigen sphärischen Exzeß, wogegen ein riesiges sphärisches n-Eck auf einer noch riesigeren Kugel einen fast Null betragenden sphärischen Exzeß haben kann. Das ist sehr wichtig für die Frage, ob unsere Welt ein gekrümmter Raum (R3) ist. Wäre er nämlich sehr, sehr schwach gekrümmt, so würde selbst ein Dreieck aus Fixsternen uns über die Raumkrümmung unter Umständen noch nicht belehren können, selbst wenn wir seine Winkel genau messen könnten. Denn es könnte noch immer verhältnismäßig klein sein gegenüber dem unausdenkbar großen, schwach gekrümmten Universum.
Doch auch diese Frage wollen wir jetzt zurückstellen, da wir das Versprechen des Buchtitels noch zu erfüllen haben, den Leser in berauschendem Höhenflug in die Bereiche der „vierten Dimension“ zu führen. Wenn er uns bisher aufmerksam und“ als getreuer Mitarbeiter gefolgt ist, wird ihn all das wie angenehmes Spiel dünken, was selbst gute Köpfe leicht von diesen Höhenregionen ausschließt. Wir wollen aber nicht zu viel versprechen. Denn es war niemals unsere Aufgabe, perfekte Kenner der nichteuklidischen und der mehrdimensionalen Geometrie zu schaffen. Wir wollten vielmehr nur auf allen Gebieten über die ersten Schwierigkeiten hinweghelfen, die oft selbst begeisterte Adepten unserer Kunst unwiderruflich abschrecken.


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